Juli – August 1940

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[Fortsetzung Blatt 41] 

1. Juli 1940

Gestern viele Durchzüge von Truppen in Richtung Westen. Große Personenwagen (Omnibusse mit Marineinfanterie). Die beiden letzten Nächte hier ziemlich ruhig. Richtung Westen wieder allerlei Feuerwerk. Die alljährliche Prozession nach

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[Blatt 42] 

Iburg wurde nicht durchgeführt. Dennoch lief die Sache. Viele fuhren bis Warendorf mit Rad, dann Bahn. In Stromberg [?] war Predigt usw. – Gestern (Sonntag) war das sonstige Preisschießen in Sudendorf. Fiel aus. – Es macht sich doch stark bemerkbar, daß das junge Volk meist eingezogen ist. Es werden wohl 500 von Glandorf eingezogen sein. – Auf dem Friedhof wurden nun die Eisengitter entfernt. Heute Morgen über Osnabrück Abwehrfeuer. – In Münster letzte und vorletzte Nacht starkes Abwehrfeuer. – Neue Flugzeuge verschiedener Typen dauernd Richtung Westen – Über Glandorf heute sehr hoch tagsüber Flieger. Nach dem Ton Engländer.

2. Juli 1940

Gestern mit Upmanns nach Osnabrück – fuhren über Kattenvenne Lengerich, dort Straße gesperrt, Bomben, Zeitzünder lagen auf der Straße. Film: Wochenschau, ganz groß. 2230 Uhr so schnell als gehe nach Haus (Flieger). Um 015 Uhr gings los. Starke Abwehr in Münster. Überall im Umkreis stehen Leuchtraketen. Starke Bombenerschütterungen. Überall hört man Alarm. Hier auch. Alles mit Sack und Pack in Börgers Keller. Sanitäter auch dort eingerichtet. Habe in Glandorf nur noch vier Mann. Direkt über Glandorf steht Leuchtrakete. Flieger

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[Blatt 43] 

kommt nochmal zurück. Alles schützt sich in Erwartung. Nichts. Über Münster großer Brand. 1445 Uhr Entwarnung. Kinder sind vergnügt. Heute Börgers (Gülker, Forsthoff) Keller gemütlich ausgebaut. Für Kinder Schlafstellen (Matratzen) eingerichtet. Ist gut. Teppich, Sessel, Bilder, Spielzeug usw. – Gesprächsthema nur Flieger. In Münster viele Bomben. Holzlager brennt. Engländer kommt auch im Sturzflug herunter. Frech. Viele Zeitzünder liegen in den Vierteln. Ganze Straßenzüge geräumt. Feuerwache getroffen. Mehrere Tote. Bevölkerung sehr nervös. Hier in Glandorf vier Kinder einer Familie aus Hasbergen. Heute Zement gekommen. Haus von Bombe zerstört (ein Kind bei Pues, eins bei Torbeck, eins bei Biedendieck, eins bei Gülker-Forsthoff). Viele Truppen kommen durch, zum Westen. Flak und R.W [?] fährt Richtung Osnabrück. – Fallschirme von Leuchtbomben in Kellinghausens Garten. Teile verbrannt und [in] Averfehrden gefunden.

3. Juli 1940

Letzte Nacht wieder Alarm. 030 bis 230 Uhr. Nicht so schlimm, wie in vorletzter Nacht. Alles in den Keller nach Gülker. Dort ganz gemütlich. Am Abend vorher wird alles zurechtgelegt. Der verlorene Schlaf wird am Tage nachgeholt. Überall sehr starkes

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[Blatt 44] 

Abwehrfeuer. Die Bevölkerung ist ruhig und gefaßt. – Heute Mittag 13 Uhr kam plötzlich ein feindlicher Flieger über Warendorf und warf auf dem Wilhelmsplatz drei Bomben. Erfolg. Ein Toter, einer ein Bein abgeschlagen, elf Verletzte. Die Detonationen sind hier noch sehr stark. Himmel bedeckt. Westwind, leichter Regen. – Augustin kam Mittag. Bis 29. August Ferien. Heute Nachmittag ist im Kindergarten Abschiedsfeier. Fräulein Witt kommt wieder. Dissin geht fort. – In Westendorf hat sich der Säufer Häuger aufgehangen. – In Münster brannte gestern Abend das große Holzlager am Hafen noch. Als die Wehr zur Löschung erschienen war kam der Engländer nochmal, warf noch drei Bomben und schoß mit Maschinengewehr – der Brand war hier gut zu sehen. – Der Flieger von Warendorf (oben) soll ein deutsches Flugzeug (Messerschmidt) benutzt haben. Der Mann, der gerade sein erstes Kind angemeldet hat, ist tot, ebenfalls ist das Kind tot (Anderen Tag gestorben). Der Lehrjunge hat ein  Bein ab. – Traurige Bande.

4. Juli 1940

Die Nacht war ruhig, Wind: Westen, bedeckt. – Gestern Nachmittag wurden auch in Osnabrück Bomben geworfen. Erste Bombe auf den Hauptbahnhof, Bahnsteig 1, auf die Klöckner-

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[Blatt 45] 

werke. Vier Tote. – In Hamburg Barmbeck elf Kinder tot, 40 schwerverletzt. Werfen einfach durch den verdeckten Himmel. 1105 Uhr soeben bebten wieder die Fenster. Sicher ist wieder so ein Schweinehund da und wirft in die Gegend. August, Josepha, Gertrud Lunk und Hilde Kuemeyer sind mit dem Rade nach Iburg. Bickbeeren. – Die Regierung hat hier folgende als (Schierloh) unabkömmlich bezeichnet: Schmidt, Iburg, Korling (Schwege). Ich komme nicht mehr in Frage (von Jahrgang [18]95 an). Partei ist damit einverstanden. – Heute läuft Film: der gestiefelte Kater für die Kleinen, neue Wochenschau: große Schlacht in Frankreich (die letzte Woche erst anlief). "Der Gouverneur". Der Film Nachmittag lief mit Verspätung, da in Osnabrück Fliegeralarm war. Es waren von unseren Jägern viele in der Luft. Der Feind wurde vertrieben. Abends klärt sich der Himmel auf. In Osnabrück waren gestern fünf Tote, elf schwer Verletzte und viele Leichtverletzte auf dem Stahlwerk. Es war Fliegeralarm gewesen, dann Entwarnung, dann kam der Bursche wieder und warf. (Amtliche Verlustliste: Vier Tote, einer schwer, 17 Leichtverletzte.)

5. Juli 1940

Pünktlich 030 Uhr gings wieder los. Alarm 045 Uhr. Alles in den Keller. Unsere verstärkte Abwehr macht sich bemerkbar.

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[Blatt 46] 

Flakund Nachtjäger. Auch über Glandorf wurde ein Nachtjäger angeleuchtet, schoß sofort Leuchtkegel, Schluß. Zwei große Detonationen, Richtung Dörenberg. Heute Morgen hören wir, daß bei Hasbergen ein Bauernhof getroffen, ferner der Blindturm, bei der Georgsmarienhütte aufgebaut, zerstört sei. – In Bielefeld und Gütersloh sollen die Mielewerke mit 32 Bomben bedacht sein.

6. Juli 1940

Letzte Nacht hier ruhig. In Osnabrück schwere Abwehr. Wir blieben im Hause. Nachmittag 15 Uhr Alarm in Osnabrück und Oesede. Drei Jäger kamen über Glandorf zum Angriff. – Alles hört die Begeisterung der Berliner Menge beim Empfang des Führers in Berlin. Wetter schön, schwül, ab und zu Gewitterregen. Bernd Gülker liegt noch bei Calais. Alle warten auf den Angriff mit England. Unheimliches Material ist an der Küche aufgestapelt.

7. Juli 1940

Alles still. Sonntag, Regenwetter. Wind: Westen. Nachts stehen über Münster nur zwei Scheinwerfer senkrecht zum Himmel. – Gestern wurde Häuger (Selbstmord) begraben. Kein kirchliches Begräbnis. Vikar ging in schwarz mit, betete am Grabe, nachher, stille Seelenmesse. Warum macht man bei Selbstmördern

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[Blatt 47] 

Ausnahmen?

9. Juli 1940

Stille vor dem Sturm. Vorletzte Nacht war ein großes Feuerwerk am Himmel. Sehr klare Nacht. Starke Abwehr im Westen und Nordwesten. Unsere Nachtjäger sperrten ab. Viele Leuchtraketen, Leuchtspur, Flak, Leuchtkugeln und Bomben. Man hatte es scheinbar auf die Bahnlinie Osnabrück-Münster abgesehen. Kein Alarm. – Letzte Nacht ruhig. – Heute morgen Seelenamt für den gefallenen Knappheide aus Averfehrden. Kriegerverein ging mit.

12. Juli 1940

Alles ruhig. In den letzten Nächten kein Fliegerbesuch. Unsere Flieger waren rege. Alles wartet. Stimmung ruhig und zuversichtlich. Gestern hatten wir die Lehrpersonen zusammen zwecks Aufstellung der Ortsgruppenkartei. – Die letzte DRK Sammlung erbrachte 1016 RM. – Heute kommen Gefangene nach Averfehrden.

13. Juli 1940

Erwartung. Alles ruhig. Gestern kamen 58 Franzosen (Südfranzosen) nach Kellinghausen. Die Polen wanderten vorher nach Schwege und Averfehrden. Unterkunft in den alten Schulgebäuden. Ortsgruppenleiter Heinr. Walker hielt den Bauern vorher einen Vortrag wie die Gefangenen zu behandeln seien. Es sind skandalöse Fälle vorgekommen (z. [?] guter Behandlung).

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[Blatt 48] 

Gärtner Busch, Landik hat das EK II.1 erhalten.

14. Juli 1940

Letzte Nacht Alarm. Starkes Abwehrfeuer über Osnabrück und Georgsmarienhütte. Alle wieder in den Keller. Die Bevölkerung wird dickfällig. Aufstehen, schon gut – aber Keller, nicht nötig. Heute (Sonntag) wurden tatsächlich die gestern gekommenen Franzosen gemeinschaftlich zur Kirche 830 Uhr geführt (der gutmütige Deutsche). – Traurig, daß man nicht mehr Nachgedanken hat, dabei stehen gerade in den Zeitungen Aufsätze über die schlechte Behandlung deutscher Gefangener in Frankreich.

15. Juli 1940

030 Uhr kamen die Engländer wieder in Vielheit. Osnabrück – Georgsmarienhütte starke Abwehr. Besonders wurde die Richtung Südost (Bielefeld, Rheda, Wiedenbrück usw.) heimgesucht. Dort standen immer drei-vier Leuchtschirme. – 27 Leuchtraketen zählte ich in derselben Richtung. Von 215 - 230 Uhr erfolgte der Rückflug. Alle ließen Münster links liegen, flogen zwischen Osnabrück und Münster durch zurück. Münster gab gestern und heute kein Lebenszeichen und blieb ganz verschont. In Richtung Rheda Feuerschein am Himmel. – Heute wurde H. Wester-

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  1. Eisernes Kreuz II. Klasse.

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[Blatt 49] 

mann begraben. Wir waren von Partei mit Fahne mit.

16. Juli 1940

Letzte Nacht nur wenig Feindflug. Flakfeuer in Osnabrück und Münster und ringsum. Unsere Nachtjäger schießen rote Erkennungsleuchtkugeln. In Sassenberg (nach Warendorf) wurden wahllos drei Bomben in die Wiesen geworfen. Ebenfalls in Wellingholzhausen – Man spricht von Rußland? Aktive Divisionen aus Frankreich kommen nach Polen. Die Alten werden dort aufgelöst und entlassen.

18. Juli 1940

In beiden letzten Nächten war hier nichts los. Überall in der Umgebung sind vor vier und fünf Nächten Bomben und Brandbomben geworfen. Schaden ist nicht groß angerichtet. Auf der Scheinhütte müssen die Anwohner jede Nacht von 22–4 Uhr in den Keller (groß für 250 Personen). In Georgsmarienhütte ist ein großer Unterstand für 500 Personen im Berg. Vier Batterien schwerer Flak stehen um die Hütte. Bei Stete (verwandt) fielen 30 Brandbomben. Ebenso bei dem Forsthaus, angelockt durch Quirls Fischteiche. Heute allerlei Flugbetrieb, alles aus Westen.

20. Juli 1940

Gestern Abend Führerrede, Reichstag. Große Begeisterung. Nachts ziemlich stürmisch. Westwind. Regen. Der Engländer

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[Blatt 50] 

war trotzdem da. Vorletzte Nacht etliche Leuchtkugeln. Wenig Abwehr. Letzte Nacht, Vollmond. 230 Uhr gewaltiger Krach. In Füchtorf drei Bomben. Eine hinter dem Schwesternhaus nach Füchtorf hin, 30m vom Hause, im Haferland. Zweite Blindgänger oder Zeitzünder, direkt auf dem Fußweg von Tönieshäuschen nach Füchtorf. Feuerwehr hält abgesperrt. Die dritte rechts vom Weg, im Obstgarten von Korff, hinter Tönieshäuschen. Großer Sprengtrichter. Viele Obstbäume beschädigt. – Heute Nachmittag wurde rechts von der Hauptstraße noch ein Blindgänger gefunden. Die ganze Umgebung ist nunmehr gesperrt. Die Leute der bedrohten Gebäude mußten räumen.

23. Juli 1940

Wir warten, mit Ungeduld. Heute haben die Engländer erklärt, daß der Krieg weitergehen soll. Es ist die Stille vor dem Sturm. Alles ist vorbereitet. Truppenbewegungen sind hier nicht bemerkbar. Gestern war ich in Osnabrück. Änne und Josepha waren mit. Schuhe auf Bezugschein II. Wir hatten Sitzung in der Kreisleitung. Ortsgruppenleitung – Ich war als Walkers Vertretung mit. Vorbereitungen zum Reichsparteitag sollen getroffen werden. Die Polen sollen, als Zivilgefan-

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[Blatt 51] 

gene behandelt werden. In Osnabrück waren gestern zur gleichen Zeit Engländer. Unsere Jäger vertrieben sie, kein Alarm. Nacht für Nacht ist von 030-3 Uhr Betrieb. Starke Abwehr. Die vierte Bombe in Füchtorf hat sich als Teil einer gesprengten herausgestellt. Vorgestern wurde auch hier mal wieder Alarm gegeben. Die Bevölkerung ist unruhig und geht in den L[uftschutz?] Keller. Immer viel Arbeit mit vielen Kindern. – Gestern auf der Kreisleitung Feier-Abschiedsstunde für die gefallenen Krieger und gestorbenen Rink. Würdig und schön. – Wind immer Westen – wolkig mit Regenschauern.

24. Juli 1940

Letzte Nacht sehr starke Fliegertätigkeit und Abwehr. Schon um 23 Uhr ging der Betrieb los, bis 3 Uhr, Alarm. Um 230 Uhr fiel Flakgeschoß, eine in Rosenbuschs Kuhweide. Trichter 1m D[urchmesser?], etwa 0,5m tief. Kein Schaden. – Truppen aus dem Westen kommen mit Blumen beschmückt zurück in die Garnisonen. Frohe Stimmung. Urlauber kommen aus Frankreich. Der junge Mann bei Kreimer, hinter der Kirche, hat das EK II2 bekommen.

26. Juli 1940

Heute bekam Gertrud ein kleines Päckchen von ihrem Karl. Fünf Paar gute Seidenstrümpfe (Stück 85 Pf). Regenwetter. Wind: Osten. In Amerika

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  1. Eisernes Kreuz II. Klasse.

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[Blatt 52] 

ist Hitzewelle. Heute Ännes Namenstag. Gestern war Pottsehr [?] und Bugmanns Vater hier. Onkel Anton hat bei Krizkanns [?] ein gutes Eßgeschirr gekauft, 132 RM. – Es sind allerlei Urlauber hier, von der Front, 15 Tage. – In Münster kamen die 97 zurück, großer Jubel.

In letzter Nacht im Keller. Sehr starker Betrieb, um 0 Uhr waren schon acht Flieger über Glandorf. Überall Leuchtkugeln, nah und fern. Starke Abwehr in Georgsmarienhütte, Osnabrück und Münster. Viele Scheinwerfer. Nahe bei, Richtung Laer, fiel eine kleinere Bombe. Schwere Bomben Richtung Westen und Nordwesten. 3 Uhr Entwarnung. Vorgestern Abend bei Kreimer mit NSV3 die neue Blockteilung und Zelleneinrichtung der Ortsgruppe geregelt. Die NSV macht eine starke Propaganda für Mitgliederwerbung. Alle Verdienenden sollen aufgenommen werden. Bis jetzt 160 Mitglieder neu. Im Ganzen gut 600 Mitglieder. Schlecht sind noch der Laudiek im Westendorf. – Die Roggenernte ist in vollem Gange. Mittelmäßig.

29. Juli 1940

Regenwetter. Die Bauern sind bange um ihren Roggen.

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  1. Nationalsozialistische Volkswohlfahrt.

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[Blatt 53] 

Viel ist schon geschnitten. Hier alles ruhig. Viele Urlauber sind da. Glandorf lieferte vor einem Monat wieder 26 Wagen Heu. – In Laer fielen Sprengstücke der Georgsmarienhütter Flak nieder. In Osnabrück wurden über 95 Kriegspferde aus Polen verkauft. Zwei kamen nach Glandorf. – Ich baue meine Stube um. Schreibtisch in das Wohnzimmer. War nun Sonnabend mit Änne nach Osnabrück – kaufte den Aktenschrank, 92 RM. – Baue ein Bücherbord für Geschichte von Weiß. In den drei letzten Nächten kein Fliegeralarm, wenig Flakfeuer, alles wartet auf den großen Schlag. – Jahrgänge 1900–1903, die noch nicht gemustert sind, müssen nun los.

31. Juli 1940

Immer noch Regenwetter. Kein Alarm. Trotzdem war der Engländer hier. Weiter fort starke Abwehr. Vorgestern in Münster am Tage Alarm. Einer soll dort abgeschossen sein. Heute Morgen starke Abwehr in Osnabrück – Es sind viele Urlauber hier. – Gestern war Musterung – Glandorfer.

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[Blatt 54] 

Alarm war in den letzten Tagen nicht. Engländer berichtete, daß Osnabrück schwer getroffen sei (nichts von mit[bekommen?]). Vorgestern mit Postauto nach Münster. Normaler Betrieb. Gestern mit Upmann nach Melle-Osnabrück, brachte Theo, "Spörgelsamen", 5,5 Ztr. Sehr knapp. Hatte 1 Ztr. von Bußmann, Averfehrden, gekauft, 27 RM, 4,5 Ztr. von Wießmann, Westendorf, 32 RM. – In den letzten Tagen dauernd Musterungen. Die Bauerschaften kamen verschieden dran. Heute Schierloh und Schwege. – Heute den vierten Kriegsbrief der Ortsgruppe fertiggemacht, ebenfalls ist heute das Bücherbord fertig geworden. Tomaten werden rot. – Alles beim Roggen, liege stark, war schon am Auswachsen. Ernte: mittel. – Sonst Früchte gut – Stellenweise schlechte Kartoffeln.

7. August 1940

Wir warten und warten. Es wird nun bald in England losgehen. Soeben waren mal wieder feindliche Flieger über Münster (530 Uhr5). Man konnte die Sprengwolken gut sehen. Der Himmel dunstig bewölkt. Auch über Glandorf kam was her. Ausmachen konnte man nichts, da zu hoch. Die Bevölkerung schaut wohl hin, spricht

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  1. Uhrzeit im Original ½6. Ob Vor- oder Nachmittag ist nicht eindeutig zu klären, allerdings kann aufgrund der für Beckmanns Tagebucheinträge typischen Struktur davon ausgegangen werden, dass es sich um eine Rückschau auf die vergangene Nacht handelt.

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[Blatt 55] 

drüber, macht sich aber nichts aus dem Tommy. In den letzten Tagen waren die Brüder nachts hier. Flak und Leuchtkugeln, kein Alarm, alles schläft ruhig weiter. Es sind auch nicht mehr so viel Engländer eingeflogen. Wetter vorgestern und gestern recht warm. Heute müßig. Vorgestern (5. August) mit Walker nach Rothenfelde. Kaufwaren und Süßigkeiten für Soldaten in der Lazarettkantine eingekauft. 450 Pakete schicken wir an unsere Soldaten. Für 1700 RM eingekauft. Es war noch alles zu haben. Das Lazarett wird in R. aufgelöst. Sonntag (3. August) war zweite Straßensammlung für das DRK. Wurde als Listensammlung ohne Plaketten durchgeführt vom Luftschutzbund. Ergebnis: Gestern mit Augustin und Josepha nach Iburg. Rad. Anton Thiemann ist befördert. Hauptmann, dergleichen Suerbaum. Liegen jetzt in Süddeutschland. Hohenzollen. Die Division soll aufgelöst werden. – Von Iburg weiter nach Laer zum Baden. Unsere Badeanstalt soll nun von der HJ wieder fertig gemacht werden. – Es wird wieder viel in der Glane gebadet.

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[Blatt 56] 

9. August 1940

Gestern mit der Familie (ohne Norbert) nach Rothenfelde. Mit Postauto (war recht nett, aber wehrig). Alles noch ruhig. Nachmittag mal wieder Sondermeldung. (Erfolge der Schnellboote und Flugzeuge im Kanal.) Vorgestern wurde nachmittags, als hier die Flak schoß, bei Münster ein Engländer abgeschossen. Der Absturz konnte hier beobachtet werden. – Heute Westwind, Regen, mehr Gewitternahregen.

10. August 1940

Schön Wetter. Viel Fliegerbetrieb. Auch nachts. Man macht sich mehr wenig daraus. Der Engländer kommt auch am Tage. Sehr hoch. Man schaut hin und arbeitet weiter. In Osnabrück Nachmittag Fliegeralarm. – Familie Buller feiert morgen (Sonntag) bei Brandes ihren Sippentag. – Viele Kinder aus Wilhelmshafen sind untergebracht. Bis 15. August sollen alle Kinder aus Wilhelmshafen [?] aufs Land. Vier Wochen.

11. August 1940

Sonntag. In Füchtorf Kirmes. Der Blindgänger liegt noch immer. Wetter trocken, bedeckt, windig. West. – In letzter Nacht viel Betrieb in der Luft. Leuchtraketen, mit Leuchtspurkugeln suchte man die

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[Blatt 57] 

Schirme herunterzuholen. Starke Abwehr. In Telgte wurde der Gasthof Brandhofer, ein Nebengebäude, in Brand geworfen. Auch in Bielefeld wurden mehrere Häuser getroffen. Heeresbericht. – In Osnabrück sollen allen Schulen von Militär belegt sein. – Heute Nachmittag Schießen in Sudendorf der Glandorfer Kriegerkameradschaft. Die NSV6 sammelte wieder Mitglieder. 40 neu. Im Ganzen 620–630. – In letzter Nacht fielen viele Flugblätter, "417" über Glandorf. – HJ. sucht. In unserem Garten lagen vier Stück.

12. August 1940

In Telgte ist der Gasthof Brandshofer vollständig abgebrannt. Eine Bombe hat das Haus (Ecke) getroffen (Sprengbombe). Keller eingestürzt. Im Busch nebenan fiel die zweite. Splitter durchschlugen die 1,5 Backstein dicke Mauer, durch das Haus, andere Seite auch durchschlagen. Eine Telegraphenstange zeigt runde, große, vollständige Durchschüsse. Im Hause, im Saal, lagen 20 Soldaten, hier fiel eine Brandbombe. Nur ein Mädchen leichte Gesichtsabschürfungen. In letzter Nacht war ein ganz großer Betrieb. Von 2330 bis 345 Uhr ununterbrochen. Zeitweise war rings-

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  1. Nationalsozialistische Volkswohlfahrt.

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[Blatt 58] 

um Glandorf großer Betrieb. Leuchtbomben, starke Abwehr in Osnabrück, Georgsmarienhütte, Bielefeld, Marienfeld, Rehda, Wiedenbrück, Warendorf, Hamm und Münster. Alles zu gleicher Zeit. Leuchtschirme wurden mit Leuchtspur beschossen, dazwischen viele Sternschnuppen. – Ein Fallschirm, 5 m Durchmesser, landete bei Vogt in Schierloh. – Heute Morgen mit Augustin 630 Uhr nach Osnabrück – Hauptmann Wiggert in Osnabrück besucht. – Auf dem Adolf-Hitler-Platz fand eine Parade eines Regiments, das entlassen wird, statt. Auf der Straße von Telgte nach Ostbevern liegen noch Blindgänger. Verkehr gesperrt. Blitzauto fährt über Warendorf, Milte. – Ein Blindgänger ging gestern Mittag 11 Uhr hoch.

14. August 1940

Nichts Neues. Hier alles still. Nachts gehts um 0 Uhr los. Große Abwehr. Freude, ob der Erfolge in England. Gerüchte sind überall. In Osnabrück erzählte man, hier sei ein Engländer abgeschossen. Tatsache ist, daß bei Hasbergen ein Englischer am Propeller beschädigt wurde und vor Münster notlanden mußte.

16. August 1940

Wetter wieder recht schauerhaft. Wind: Westnordwest. Darum ist der eigentliche Angriff in England wohl verschoben. Große

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[Blatt 59] 

Freude, ob der gewaltigen Flugzeugabschüsse in England – Heute Nachmittag bekamen viele Zurückberufungsbefehle vom Urlaub. So auch Gustav Dahlmann bei Knemeyer. Liegt bei den Fliegern in Mecklenburg. Vorletzte Nacht ziemlich ruhig, letzte Nacht starke Abwehr in Münster. Über Glandorf wenig Betrieb, obwohl sternenklar. Nachmittag 1630 Uhr Abwehrschießen im Nordwesten. – Am Sonntag war Pflichtschießen vom Kriegerverein, Sudendorfer Stand fünf Schuß, liegend freihändig. Anschließend hatten wir ein kleines Preisschießen. Drei Schuß. War bester Mann mit 10, 10, 11. – Zweitbester 27 Ringe. – Preiß, sechs gute Teelöffel. – Heute Nachricht, daß Ferien [in] Osnabrück und Münster unbestimmt verlängert werden. – Gestern Hochzeit Martha Gülker mit Lampe in Bohmte. – Endlich Schulschrank (Aktenschrank) erhalten.

17. August 1940

In letzter Nacht wieder Betrieb. Man machte sich mehr wenig daraus. Auch am Tage schweigt [?] die Flak. Wetter kalt und schauderhaft. Wind: [Westen]. – Heute kam amtliche Nachricht, daß die Ferien in den luftgefährdeten Gegenden unbestimmt verlängert werden. Dazu auch der Regierungsbezirk Osnabrück.

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[Blatt 60] 

19. August 1940

Regenwetter. Große Erfolge in England. Die beiden letzten Nächte waren ziemlich ruhig. Vor Münster soll ein Bomber einen Eisenbahnzug getroffen haben. Nachmittags am hellen Himmel ein Engländer. Später nur Flakfeuer zu hören. Gestern Kirmes. Großer Betrieb, nur auf dem Marktplatz. Abends um 21 Uhr Schluß. In den Wirtschaften länger. Kein Tanz. – Gestern letzte Plakettensammlung für das DRK. Ergebnis: 1000 RM. Arbeiterfront sammelte.

23. August 1940

Immer dasselbe, Regenwetter. Wind: Westen – Nachts nichts oder wenig los. Morgens, tagsüber hört man ab und zu die Flak ballern. Gestern starker Fliegerbetrieb. die Schulen haben weiter frei. – Alles wartet. Aus Frankreich schicken die Feldgrauen viele Pakete mit Zeug, Kaffee usw. Strümpfe, Seidenstoff, Handtücher usw. Mennenmann Bauer hat beim Empfang des Bischofs trotz Warnung mit kleinen Kirchenfahnen geflaggt, angezeigt, jetzt 52,50 RM Strafe. – Schimpft, reichlich nervös. Der Mann sollte vorsichtiger sein. – Mein Namenstag gut verlaufen. Morgens und abends gemütlicher Betrieb. Die Klasse trat

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[Blatt 61] 

morgens vollzählig zum Gratulieren an. – Der arme Hafer. Kann nicht vom Land und wächst aus. Sonntag, 18. August, Kirmes, viel Betrieb. Am 20. August Markt. Auftrieb gering, Betrieb groß. Nachmittag gegen 17 Uhr Richtung Nordnordwest Schießerei.

24. August 1940

Regenwetter. Nachmittags klärt sich das Wetter auf. Aug. Funke ist bis auf Weiteres beurlaubt. Die ganze Division ist nach Haus geschickt. Alles abgegeben, nur Uniform behalten die Leute.

26. August 1940

Heute morgen starker Fliegerbetrieb. Auch der Engländer ist da, man hört es am Flakbeschuß in Münster und Osnabrück. Letze Nacht hat Schwege seinen Segen erhalten. Ich beobachtete Folgendes: Gegen 1220 Uhr kam ein Flugzeug rechts von Münster heran. Sehr dunkel, bewölkter Himmel. Hinter Münster wurde er von Scheinwerfern erfaßt, dann ein Scheinwerfer rechts von Münster. Das Flugzeug kam näher auf Glandorf zu, plötzlich ohne Feuerlicht. Fünf schwere Einschläge, Bomben, der Flieger kam bis Glandorf, dann Richtung Osnabrück – dort kurzes Abwehrfeuer. Dann kam aus Richtung Osnabrück ein Flieger (derselbe?) flog östlich [an] Glandorf vorbei und warf hinter dem Dorenberg eine

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[Blatt 62] 

Leuchtbombe, über den Wolken. Der Fallschirm versagte wohl, die Leuchtkugel kam dann aus der Wolke, fiel schnell herunter und brannte am Boden etwa drei-vier Minuten weiter. – In Schwege sind zehn Bomben geworfen. Vier Blindgänger? Genau[es] steht noch nicht fest.

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Sprengtrichter 5–6m Durchmesser, mehrere Meter tief. Grundwasser. Etwa 150 m links des Dorfes. Jedenfalls ist in Schwege Licht gewesen. Weiter nichts geschehen. Die Grasplacken flogen bis 100–150 m weit. Schwegmann Pferde (Pf.) und Kühe (K.) weideten auf der Wiese. Alles gesund. In Remsede wurden drei Bomben geworfen, in Melle ein Haus zerstört, mehrere beschädigt. Wegen der Blindgänger mußte Ahmann, Schwege, sein Haus räumen.

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[Blatt 63] 

27. August 1940

Wetter trocken, Wind: Westen. – Nacht in Münster Abwehrfeuer. Mehrere Engländer kamen über Glandorf. – Heute morgen Flakschießen: Richtung Norden. – In Münster stürzte gestern an der Elektr[ischen?] Haltestelle Osnabrück Straße ein deutscher Flieger ab. Drei Tote. Einer rettete sich durch Fallschirmabsprung. Das Flugzeug zerstörte ein Haus vollständig.

29. August 1940

Gestern bei Upmann und August. Den ganzen Morgen Richtung Münster und Nord[en] Flakschießen. Wetter gut. Abends starker Truppenverkehr nach Münster. Kurz nach 23 Uhr starke Scheinwerfertätigkeit über Münster. Plötzlich eine ganze Wand (mindestens 20 Scheinwerfer senkrecht in regelmäßigem Abstand über Münster und rechts und links). Gegen 0 Uhr ein deutscher Nachtjäger im Schein zahlloser Scheinwerfer. Nacht sonst ruhig. Einige Flieger kamen über Glandorf – Gestern Morgen hatten wir die Kinder geladen. Heilkräuter abgeliefert. Heute Morgen 930 Uhr sehr starke Abwehr vor Münster. Himmel bedeckt. Flugzeug nicht zu sehen, aber der ganze Himmel mit Flakwölkchen bedeckt. Alles war auf der Straße und sah zu.

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[Blatt 64] 

31. August 1940

Alles wartet. Vorletzte Nacht Betrieb hinter Münster. Letze Nacht recht starker feindlicher Betrieb ringsum. Viele Engländer kamen über Glandorf von 2330-4 Uhr. Wache steht jetzt von 23–4 Uhr. Zwei Mann Feuerwehr, zwei Mann Zivil. Heute kam neu eingekleidete Marineinfanterie durch. Richtung Münster. – Viele Glandorfer (30) müssen sich stellen. Einige Soldaten bis auf Weiteres beurlaubt. Gestern die Trichter und Blindgänger in Schwege photographiert. Jeden Mittwoch müssen die Schulkinder antreten und Heilpflanzen abliefern. Wetter noch immer trübe. Hafer leidet. Heute Morgen starke Schießerei. – In letzter Nacht soll das Arbeitslager in Südmühle bombardiert sein.

[Fortsetzung Blatt 64 folgendes Kapitel]

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