Juni 1940
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[Blatt 21]
1. Juni 1940
Heute Musterung. Jahrgang 21 [?]-Jahrgang 02 [?] muß sich melden. – Im Felde augenblicklich eine Entspannung. Die englischen und französischen Armeen sind aufgerieben. Näheres fehlt noch. Freude und Zuversicht ganz groß. Aug. Schmidt Rieses Sohn August hat wieder Gestellungsbefehl. – " macht große Anstrengungen, ihn freizubekommen (fehlt auf dem Hofe). (Vier Wochen zurückgestellt).
3. Juni 1940
In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag, 1. Juni zum 2. Juni , haben englische Flieger über Georgsmarienhütte Bomben geworfen. Sieben Stück, alles in die Felder. Ein Haus beschädigt. Hier war nichts los.
Gerücht ging um, Brümmer wäre in englischer Gefangenschaft (Unsinn). Gestern Abend kam Militär durch. Flieger, Richtung Osnabrück. Gestern die dritte Rote-Kreuz-Sammlung. Jahrgänge 1900 bis 1903 müssen sich melden zur Eintragung in die Stammrolle. Heute Morgen sprach Gauleiter, NSLB1 Wächtler, 8 Uhr zur deutschen Jugend. In Münster haben englische Flieger gestern Nacht etliche Bomben ohne Erfolg geworfen.
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Nationalsozialistischer Lehrerbund.↩
[Blatt 22]
Die dritte Rote-Kreuz-Sammlung erbrachte 990 RM. In der Schlacht bei Waterloo 1815 sind gefallen Brinkmann und Papenbrock aus Glandorf. Ihren Wunden zu Antwerpen erlag unter vielen im Hospital aus Glandorf Brüggemann. Heute kam Militär durch Glandorf, Artillerie, Richtung nach Osnabrück.
4. Juni 1940
Vorletzte Nacht waren die Flieger wieder in Münster – Sollen das Elektrizitätswerk getroffen haben. Ganz Münster ist ohne Licht? – Frau Rieses Bruder aus dem Brock ist verwundet (Schulter und Armschuß).
5. Juni 1940
Anne ist mit Norbert (mit Upmanns Wagen) nach Dröper zu Bergmanns gefahren (Norbert hat Stickhusten). Ich war eben nach Münster. Das Auto fährt auf der Strecke jetzt 1½ Stunde[n]. 1530 Uhr ab und 18 Uhr1 wieder von M[ünster]. Man hat gerade 1 ¼ Stunde[n] in Münster Zeit. – Schade. Gestern wieder zwölf Mann Stellungsbefehl. Heute 12 Uhr in Osnabrück stellen. Viele Einberufungen. – Für die Westwallarbeiter lief bei Herbermann die Wochenschau am Sonntag, 2. Juni – Für Glandorf bei Brandes am 6. Juni – Das Gefangenenlager bei Kellinghausen wurde mit
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Uhrzeiten im Original ½4 bzw. 6 Uhr. Ob Vor- oder Nachmittag ist nicht klar, allerdings schreibt Beckmann an anderer Stelle von einer solchen Fahrt nach Münster, wo er dann Besorgungen tätigte. Dies spricht für die zeitliche Einordnung am Nachmittag.↩
[Blatt 23]
Stacheldraht eingefriedigt. Es kommt viel Militär durch Glandorf. – Alles neue Sachen – Raupenschlepper und Lastwagen. – Auch Mannschaftswagen und Mannschaft. Gestern Musterung (Averfehrden), morgen aus Westendorf (Jahrgang [19]21). Holländische Zivilpersonen (Männer – Arbeit?) kam auf Militärwagen durch Glandorf. – In Münster von dem Bombenangriff nichts zu merken. Alles flaggt – drei Tage wird geläutet.
6. Juni 1940
Militär kam gestern durch Glandorf. – Auch Marine. – Der neue Angriff auf Frankreich macht sich hier sonst nicht bemerkbar. – Ob des großen Sieges in Flandern flaggt die ganze Gemeinde acht Tage. Von 12–13 Uhr und 18–1830 Uhr wurde mit allen Glocken geläutet (drei Tage). (Das Läuten ist amtlich ist von 12–1215 Uhr festgesetzt). Die Fahne an der Kirche wurde auf Veranlassung des Wachtmeisters vom Portal fortgenommen und hängt nun am Schalloch, Westseite. Für den Bischofsempfang wird fleißig gekränzt. Auf dem Küsterhof binden die Glandorfer Mädchen nachmittags und abends bei schönstem Wetter und Gesang lange Kränze. – Opa holte Tannengrün. Die Herren Bauern können das nicht.
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[Blatt 24]
Zerstörte belgische Kraftwagen kamen durch den Ort. Laumann Wilhelm hat einen neuen Lastwagen aus Wien geholt. – Heute aus Westendorf zur Musterung: 1921. Gestern Abend mußten sich etliche stellen. Reklamierte kommen meist wieder. Heute die Sammelhefte für die Sammlung für die Jugendherbergen verteilt. Die Sammlung ist am Sonnabend und Sonntag.
7. Juni 1940
B. Hagedorn aus Schwege lag verwundet in Schlesien im Lazarett, Schulterschuß und Splitter im Knie, wird dort entlassen.
10. Juni 1940
Montag. Die Firmungstage sind vorüber. Es war fleißig gekränzt. Opa hatte die meiste Arbeit. Für Grünbeschaffung sorgte er. Der Herr Kirchenvorstand markierte große Worte und spielt sich beim Empfang auf. Opa, der die Arbeit hat, wird nicht mal vom Bischof begrüßt. Die Schuld liegt aber im Programm. Er ist froh, daß man ihn zufriedenläßt. Josepha ist auch gefirmt. Sie kam am Sonntag um 7 Uhr, hat bis Dienstag, 11. Juni, frei. Heute ist sie mit Bernhard zu Mutter nach Oesede. Am Sonnabend hatte die Jugend schulfrei. Verkauf der Plaketten für die
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[Blatt 25]
Jugendherberge. Dieses Mal hat die HJ am Sonntag verkauft. Unsere Jungen hatten kleine Hefte mit Marken zu 10 Pf und 20 Pf. – 130 Hefte für unsere Schule. Ertrag 110 [?] RM. Sonnabendmorgen war ich mit dem Rad nach Oesede (Mutter). Unserem Nobert gehts so weit gut. Der Stickhusten ist nicht schlimmer geworden. Sie war dort zum Heilpraktiker Beermann. –
Gestern Sonntag um 630 Uhr Bischofsempfang. Von Laer [?] – Ehrenbogen auf dem Lappenbrink. Alles programmmäßig. Habe mit Opa gespielt. Heute 7 Uhr Firmung. Josepha hatte Tante Elise Schlösser-Erpenbeck als Patin. Es waren 420 Firmlinge. Gestern Abend hatten wir Lehrpersonen um 20 Uhr beim Bischof in der Stastdrat [?] Empfang. Heute große Begeisterung über die Kriegslage. Narvik. – Schlacht in Frankreich – Mussolini – Italien. Alles Radio.
Bernd Gülker hat sieben deutsche verwundete Soldaten aus einem brennenden Hause geholt. – Bravo. – In Schwege ist der Mann der Hebamme, Heinrich Niemann, gebürtig aus Averfehrden gefallen. Volltreffer.
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[Blatt 26]
11. Juni 1940
Paul Drop, Averfehrden, Lehrer schwer verwundet, ist von einem Panzerwagen angefahren. – Gerding Paul von Mersch, verwundet, Oberschenkel. – Bernh. Papenbrock, Leudik beim Brückenbau, durch feindliche Fliegerbombe, Bluterguß am Beine. – Gestern wieder mehrere eingezogen. – Gestern kam wieder viel Militär durch Glandorf – zum Westen – Flak.
13. Juni 1940
Gestern nach Osnabrück. Dort Hitlerbild und Belichtungsmesser gekauft. Wollte Sonnenschirm haben. Nichts zu machen. 35 hatten Spangenberg bekommen, am ersten Tage 24 verkauft. – Viele Musterungskerle und Eingezogene mit gelber Binde, Zivil, drauf Wehrmacht, liefen herum. Vorgestern und gestern viele Stellungsbefehle, müssen heute fort. Vorgestern 24 Mann. Von Lille kamen Sanitätswagen durch nach Hamburg. Wollten Verbandsmaterial von Hamburg holen. Brachten von Mennemann und Bültemeyer Pakete mit.
Gestern kam viel Militär durch, fuhr nach Osnabrück zu. Dann wieder und wieder Richtung Münster. Viele neue Sachen. Sonst alles ruhig. Viel Freude ob der Heeresberichte.
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[Blatt 27]
Heute an Hehmann, Luer, Produktenhändler verkauft. 10kg Messing, 2kg Stanniol, 19kg Blei, 280kg Altpapier. Zusammen 5,25 RM. – Nachmittags nach Oesede mit Rad. Gewitterregen. Norbert hat noch seinen Keuchhusten. – Viele heute eingezogen.
14. Juni 1940
Acht Mann bekamen einen Stellungsbefehl. – Jos. Funke kam wieder (zwei Mann zu viel). W. Schwöppe bei Knemeyer hatte ich reklamiert (dringlich Klempner und Elektr[iker?] arbeiten im Dorfe). Flak kam durch Glandorf, Richtung Münster. Max Jostes sitzt in Not. Sechs seiner großen verzinkten eisernen Spritfässer, die zur Ablieferung nach Nienburg a[n] [der] W[eser] geschickt waren, sind bei einem Fliegerangriff vernichtet. Es fiel dort nur eine Bombe, aber mitten in den Betrieb. Ersatz ist heute schlecht zu haben.
Mittags großer Jubel. Paris besetzt. Sondermeldung 1245 Uhr. Opa [hat] sofort [eine] Viertelstunde mit allen Glocken geläutet. Abends von 18–1830 Uhr läuten die Glocken in ganz Deutschland. Drei Tage flaggen wir.
Stimmung ist ganz groß. Adolf Niemerg, früher bei Jul. Landwehr Anstreicher, geboren aus Füchtorf in ei[nem] I[nfanterie] R[egiment] [?] wurde zum Leutnant befördert. Hatte vor Jahren als erster mit die hiesige H. J. [gegründet].
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[Blatt 28]
15. Juni 1940
Gestern kamen wieder Stellungsbefehle, daß Sonntag fort mußten (16. Juni). Kurz dahinter widerrufen, schon am 15. Juni stellen (acht Mann). – Heute morgen etliche Flieger über Glandorf. Einmal acht, dann drei. Richtung Westen (Ersatz?). Es regnet. Pflanzwetter.
Heute Abend kamen die Sondermeldungen, daß Verdun genommen und die Maginot-Linie südlich von Saarbrücken in breiter Front durchbrochen ist: Großer Jubel. Welche Zeiten. Die alten Frontkrieger von [19]14/[19]18 können es gar nicht fassen. Eifrig werden die kleinen Fähnchen auf den Karten umgesteckt. Es gibt aber doch noch Mießmacher hier. Nicht laut. Immer dieselben, verkalkte und alte Weiber (Fräulein Jostpille und ähnliche). Fürchten jetzt den Amerikaner und Gott weiß was. Unsere Jungen von der Front werden es diesen Brüdern, wenn sie wiederkommen, hoffentlich recht machen. – Heute Abend wird noch an manchen Stellen aus lauter Freude einer gehoben. – Wetter: Heute den ganzen Tag Regen. Pflanzwetter.
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[Blatt 29]
16. Juni 1940
Sonntag. Angriff vom Kassel bis nach Basel. Heeresberichte ganz groß. Heute bekamen 13 Nachricht, mußten sich schon um 12 Uhr in Osnabrück stellen. Wir brauchen Leute zur Besetzung. Die Polen hier sind zum Teil recht erschrocken. Man kann es ihren Gesichtern absehen, daß sie das nicht erwartet haben und noch eine andere Lösung erwarteten.
Die Polaken haben jetzt sonntags um 9 Uhr eine Sondermesse, nicht mehr mit der Bevölkerung zusammen. Hans Thomas, unsere treue Einquartierung vom Winter bei Opa, schrieb heute aus Kapanne. Er kann nun keine Zigarren für Opa schicken. Es ist nichts gut. Auch französische Zigaretten sind schlecht. Hier sind Zigaretten nur knapp. Ab und zu bekommen die Wirte ein kleines Kontingent, wenn man Verbindung hat, dann reichts schon. Am nächsten Sonntag haben wir von der San[itäts?] Kolonne wieder den Plakettenverkauf. 1400 sind schon da. Wir sind von 32–34 Mann nur mehr neun Mann, alles andere ist eingezogen.
17. Juni 1940
Die Glandorfer Gefangenen sollen ausgetauscht werden (umgewechselt). Viele Truppendurchzüge nach
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[Blatt 30]
Münster. – Die Westwallarbeiter sind bis auf 15 Mann fort, arbeiten in Glane. – Mußmann muß am Mittwoch mit seinem Lastwagen nach Frankreich. Von den Einberufenen kommen zurzeit nur einzelne als Überzählige zurück, so. Jos. Funke, Lefken Sudendorf, Jos. Landwehr, Joh. Buller, Sudendorf, Karl Riese.
18. Juni 1940
Gestern Militär durch, nach Münster, Scheinwerfer Abwehr, 90 Wagen ein Arbeitsdienst. Jos. Dieckriede war bei der Flak, die durch Glandorf kam. – Heinr. Walke aus Schierloh ist leicht verwundet. Gestern erste Kartoffelkäfersuche. In Westendorf und Glandorf halfen die Schulkinder der vier obersten Jahrgänge zusätzlich. In Westendorf sind vier Kolonnen, in Glandorf 18 Kolonnen eingeteilt. 80 Kriegsgefangene sind für Glandorf mehr angefordert. In Averfehrden sollen sie in der alten Schule untergebracht werden, ebenso in Schwege. In letzter Nacht wurden über Münster Fallschirme abgeworfen. Flak schoß auch. Soldaten bringen vom Überfluß aus den besetzten Gebieten mit (Kaffee, Schokolade, Wein).
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[Blatt 31]
Gestern Versammlung der Bürgermeister und Ortsgruppenleiter in Osnabrück im Reichsadler. Ich für Walker. – Landrat Lempke [sic] führte sich ein. Kreisleiter, zehn Mann sprachen. Aufgaben im Kriege. Da schlug wie eine Bombe die Kapitulation von Frankreich als Sondermeldung ein. Große Begeisterung, alle Aufmerksamkeit war fort. Nur lachende und glückliche Gesichter. Extrablätter, die Freude und der Stolz sind auch zu groß. Freude, Musik, Fahnen. Die Wirtschaften sind voll. – Wir haben nun Birkenblätter gesammelt, jetzt sind Holunderblüten an die Reihe.
19. Juni 1940
Gestern nach Oesede, Bergmanns, Anne besucht Norbert. Hustet noch viel. Es sondert sich aber Schleim ab. A. muß noch einige Tage dortbleiben. War mit A. nach Hartmanns. Hartmannshöhe. Wohnen schön. – Arbeitsdienst fuhr zum Westen. – Überall steht wieder Flak. – Stimmung in Dröper ganz schlimm. Einer steckt den anderen an, jedem Miesmacher wird geglaubt, traurig. Zeitung, Musik, Film, Aufklärung sind verpönt, nur Gerüchten wird Glauben geschenkt. Doch die Ecke war ja immer so konservativ. – Hier Stimmung (mit Ausnahmen) ganz groß.
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[Blatt 32]
Stellungsbefehle kamen wieder. Müssen schon früh morgen fort. – Gestern Nachmittag gab die Bahn in Iburg Fliegeralarm, man sah den Flieger, sehr hoch (Vollmond).
20. Juni 1940
Letzte Nacht kamen Engländer über Glandorf, gegen 2230 Uhr. – Man hörte weit weg zwei Bombeneinschläge, später ein größer[er], uns naher bei. Flak schoß Richtung Münster. – Es war sehr helle Nacht. Vollmond. In Osnabrück war auch von 2–3 Uhr Fliegeralarm. Heute Impfung. – Gestern kam viel Marine durch Glandorf. – Richtung Münster. – In nächster Woche ist wieder Musterung (ältere). Am Abend hört man so allerlei. In Münster sollen in der letzten Nacht etliche Bomben eingeschlagen sein. Fünf-sechs Brände – In Laer hat man das Kalkwerk verfehlt und den Steinbruch getroffen. – In Rothenfelde soll auch was los sein. – In Osnabrück war von 2–4 Uhr der Fliegeralarm.
21. Juni 2023
Heeresbericht: Deutsche Flieger vergelten die Bomben, aber in letzter Nacht war hier der Teufel los. 2–4 Uhr ununterbrochen Flieger. Englische über
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[Blatt 33]
Glandorf. Einer löste den anderen ab. Es war hell, aber diesig. Man konnte weiter nichts beobachten. Ab und zu Flakfeuer. Richtung Münster. Bombenexplosionen ohne Unterlaß. Immer mehrere in allen Richtungen, alle weiter weg. Viele Leute waren auf, trotzdem kein Fliegeralarm war. Nervöse Menschen noch nervöser. Von weit weg (Warendorf) ertönte Fliegeralarm (215 Uhr). Aus der vorletzten Nacht: die Bomben von Münster waren 6 Pfd. Brandbomben, fünf-acht Personen tot, 20 verwundet, an mehreren Stellen (Hansaring) entstanden Brände, auch in Osnabrück sollen auf Kasernen Bomben gefallen sein.
22. Juni 1940
Gestern DRK-Versammlung in Osnabrück. Reichsadler. Große Begeisterung wegen der Friedensunterhandlungen in Campigne. Allen steht die Freude auf dem Gesicht. Die Flugangriffe der Engländer bilden außerdem das Tagesgespräch. In letzter Nacht gings nun schon um 1 Uhr los. Die Luft war klarer und Vollmond. Überall, besonders Westen, Südwesten, Nordwesten und Osten, Leuchtschirme der Engländer, Flakfeuer und
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[Blatt 34]
Bombenregen. Der Tommy warf Flugblätter: „Ob ihr weint oder lacht, wir kommen jede Nacht." – In Herford (Parole) soll der Bahnhof vorletzte Nacht zerstört sein. In letzter Nacht waren etliche Einschläge ziemlich [nahe], das ganze Haus bebte. – Cl. Birkenmeyer in Meppen ist die Bücherei getroffen, zerstört. – Vennemann (Tochter) Mann Hilde. Brand in Münster am Hauptbahnhof kommen jeden Abend und fahren morgens wieder fort. – Bombensplitter z.T. von erheblicher Größe, tauchen überall als gefundenes Andenken auf. – Heute morgen kam viel Bombenmaterial (besonders französische Wagen) durch Glandorf. Friedo Kuhle aus Münster wohnt jetzt auch in seiner Jagdhütte in (Münster) Sudendorf.
In Warendorf sollen in letzter Nacht mehrere Häuser zerstört und verbrannt sein. In Münster meldet man keine Erfolge. Alles nebenher, in die Wiesen.
23. Juni 1940
Sonntag. Heute Rote-Kreuz-Straßensammlung. Wir hatten vom DRK die Sache. Nach Listen gesammelt. Z. B. lieferte Seiler Peters 69 RM ab. Endergebnis steht noch nicht fest. – Letzte Nacht war ruhig. Überall Gewitter.
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[Blatt 35]
Über Glandorf zog gegen 19 Uhr ein schweres Gewitter, brachte wie ersehnten Regen. Der Blitz schlug bei Herbermann Alfred in den Schornstein; warf den oberen Bau herunter. – In Warendorf war gegen 19 Uhr abends, kurz vor dem Gewitter, Fliegeralarm. In Ladbergen sollen in vorletzter Nacht zwei Tote zu beklagen sein. Viele Menschen sind reichlich nervös geworden. – Große Freude herrscht über die Unterzeichnung des Friedensvertrages. Es ist eine stille, stolze Freude, die sich überall bemerkbar macht. Jetzt bekommt es der Engländer. Das ist der Wunsch von allen. – Ein Lauhoff soll am Fuß verwundet sein, auch Gerücht, das[s] ein Knappheide aus Averfehrden gefallen sei. – Gerüchte werden viel verbreitet und sofort als wahr hingenommen. – Morgen setzt der erste richtige Kartoffelkäfersuchdienst in der Gemeinde Glandorf ein. – Heute Verteilung der Lebensmittelkarten. Fleischkarten für Schweineschlachter (Selbstversorger) nur mehr der zustehende Teil. Viele sind schon ausgesteuert, haben bisher zu flott gelebt, müssen also jetzt mit dem Eingeschlachteten auskommen. Wir haben auch in den letzten Monaten viel zu viel Fleisch gehabt. Jede Woche 5 Pfd. Es stehen uns im
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[Blatt 36]
zweiten Halbjahr mehr 80 kg zu. Genügt auch vollständig. – Der Arbeitsdienst ist gestern fortgemacht. Nach Einen, dort ein großes Lager. Werden auch noch nach Frankreich kommen. – Die Polen haben sonntags ihre eigene Messe, 9 Uhr, spielen selber Orgel-Gesang. In den Schulen werden fleißig Heilpflanzen gesucht.
24. Juni 1940
In letzter Nacht hier ziemlich ruhig. Gegen 3 Uhr kam ein Engländer über Glandorf. Man kann am Motorengeräusch den Feind feststellen (Hoher auf- und abschwellender Ton). Bald darauf fiel eine Reihe Bomben. Im Süden und Südwesten war es mächtig am Wummern. Morgens Nebel. – In Osnabrück sind auf die Glöckner Werke zwei Bomben geworfen (gestern Abend). In Münster zwei Bomben auf die Schleuse (gegen Abend) auch über Glandorf kamen sie. Einer oder zwei sollen in Münster abgeschossen sein. Vorgestern ist in Osnabrück die Josephkirche getroffen. Vor Warendorf fielen fünf Bomben in die Wiesen, eine in einen Bauernhof. In Münster sollen in der Schleuse elf Bomben liegen. Alles Blindgänger. Die Schiffe dürfen nicht fahren. Eisenbahnstrecke Osnabrück-Bremen in Osnabrück ist beschädigt.
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[Blatt 37]
Gestern fuhr Militär durch Glandorf nach Münster (Marine). – Anton Lienkamp (Averfehrden) ist verwundet.
25. Juni 1940
Letzte Nacht waren die Engländer wieder hier. Viele überflogen Glandorf. 1–3 Uhr, Richtung Münster. Dort wurden sie von Scheinwerfern, Flak in Empfang genommen. Es ballerte viel. Bomben fielen überall. In Oesede fielen 30 kleinere Bomben in Kartoffelfelder. Von überall hört man Bombensegen. Wenig Erfolg. Viele Leute sind reichlich nervös, Luftschutzkeller werden aufgesucht. Nacht hörte alles den Waffenstillstand, nachts 135 Uhr. – Große Begeisterung. Zehn Tage flaggen, sieben Tage läuten. – Militär kommt durch. Viele belgische und französische Wagen (Heereswagen). In Osnabrück war die Bande am helllichten Tage. Warfen Bomben. Ein Haus zerstört, fünf beschädigt. Ostbevern und Westbevern erhielten Bomben. Tagesgespräch: Flieger, Bomben. Marineflak kam hier durch mit schweren Rohren. Soll in Münster eingesetzt sein. In Oesede, wo ich heute Mutter und Norbert besuchte, fielen Flugblätter: „Bis jetzt war es noch Spaß, wir kommen nun mit Gas". Heute Morgen Schulfeier, dann schulfrei. Alles flaggt!
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[Blatt 38]
Heute Nachmittag kam wieder englische Flieger über Glandorf. Nichts – In Oesede nur kurzer Alarm. – Etliche Urlauber aus den überfüllten Garnisonen in Deutschland und Polen sind hier (Walter Biedendieck, Karl Hanewinkel, Karl Biedendieck, auf der Landwehr usw.). – In den Orten Iburg, Laer, Rothenfelde überviel Kurgäste. Angst vor Fliegern. Rote-Kreuz-Plaketten-Sammlung ergab 668,95 RM. Bravo!
26. Juni 1940
Wilh. Lauhoff ist verwundet (Fuß). Anton Lienkamp verwundet (etliche Granatsplitter, Bein). – Gestern kam ein englisches Auto durch. – Feindliche Flieger kamen auch in letzter Nacht. Entfernt Bomben. Engländer sollen in einem deutschen Flugzeug im Tiefflug über Münster und Osnabrück gestern Nachmittag Bomben geworfen haben. – Gerüchte: In Münster soll ein Flugzeug abgeschossen [sein]. Einer der Insassen, ein Jude, der früher in Münster gewohnt hat, ist gefangen, wurde im Wagen durch die Straßen gefahren? Franz Trentmann, Averfehrden, bekam das eiserne Kreuz. In letzter Nacht wurden im Warendorf wieder zwei Bomben geworfen. Getroffen ein Kükenhaus. 300 Tiere tot. Ebenfalls in Ostbevern (Molkerei).
27. Juni 1940
In der Nacht war wieder allerlei los (1–3 Uhr). Viele
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[Blatt 39]
Detonationen, Richtung Georgsmarienhütte, Osnabrück. Etliche Flieger kamen über Glandorf. – 27 polnische Gefangene kamen, davon zehn nach Schwege, drei nach Westendorf. Viel Militär kam durch. Richtung: Münster. – Marine. Es kommen viele Beutewagen durch.
Heute Nachmittag holte ich Mutter wieder von Oesede. Norbert geht es körperlich wieder gut, er hustet nur noch stark.
Jedes Gespräch dreht sich um die Bombenflieger. Es ist zurzeit auch ganz toll. In Münster war heute Nachmittag drei Mal Fliegeralarm. Leute, die mittags nach Osnabrück fuhren, mußten den ganzen Nachmittag im Keller sitzen. Überall fallen die Bomben. In Oesede letzte Nacht 30–40 in Quirlls [?] Fischteiche. Dort haben die Schulkinder heute Ferien bekommen. Um 5 Uhr waren Flieger über Glandorf, wurden dann von Jägern vertrieben. Das Wetter ist auch ideal für Flieger. Kurze Gewitter und überall Wolkenbildung. – In Bissendorf hat der Engländer 32 Bomben geworfen. – Alles in die Felder.
28. Juni 1940
Letzte Nacht haben wir geschlafen. Der Engländer war um 24 Uhr da, nur kurz. In der Georgsmarienhütte wurde ein neues
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[Blatt 40]
Scheinwerk der Hütte auf freiem Felde aufgebaut, das auch prompt beworfen wurde. In letzter Nacht sollen mehrere Häuser getroffen sind [sic]. Mehrere verletzt. – In Richtung Hilter soll gestern Nachmittag ein Engländer abgeschossen sein. Erbeutetes Material (französische Wagen) kam durch, Flak fuhr nach Münster hinunter. Gestern Nachmittag wurden in Münster Bomben geworfen, Flugblätter fielen, auch über Sudendorf. „Kommt ihr mit Stukas1, kommen wir mit Gas."
29. Juni 1940
Gestern Nachmittag kam über Bürgermeister Nachricht, daß vom Sonnabend (Peter und Paul) 29. Juni bis 20. August Ferien sind. Die feindlichen Fliegergefahr ist groß. Tag und Nacht kommen Engländer. Tags in großer Höhe, vertrieben von unseren Jägern. Nachts von 1–3 Uhr. Viele Kinder sind nachts auf. In den Städten müssen die Kinder Nacht für Nacht in die Luftschutzkeller. In letzter Nacht gab Füchtorf um 115 Uhr Alarm, Laer, um 130 Uhr. In Glandorf nicht. – Es gehen viele Gerüchte um (Parolen). Gestern kam Marine durch. Neue Stellungsbefehle kamen. Arbeitsdienst kam durch, Richtung: Münster. – In Averfehrden wird die alte Schule für Kriegsge-
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Sturzkampfflugzeuge.↩
[Blatt 41]
fangene ausgebaut. Es sollen Belgier kommen. Englische Flugblätter: Münster, Duisburg, Essen, – werden wir nie vergessen. Heute viel Militär durch. Marine. – Kolonnen: Fahrt nach Osnabrück. In Ostbevern wurden in letzter Nacht drei Bomben geworfen. Eine fiel mitten auf den Friedhof. Alles verwüstet. Zwei sind noch nicht gefunden und explodiert. – Heute beginnen die Ferien. Augustin und Josepha kommen auch wieder. Josepha kam mit Jostes. Dort hat der Engländer fünf Bomben 20 bis 30m vom Haus entfernt hingesetzt. Stellenweise alle Scheiben entzwei. Auch die Hülle bei Telgte ist getroffen. In Füchtorf ist der sechste, Paul Hälker, gefallen. War früher bei Schlachter Erpenbeck in Glandorf. – In letzter Nacht ist bei Münster ein Engländer abgeschossen [worden]. Ein Flieger sprang mit Fallschirm ab und ist entkommen. Augustin wird erst Mittwoch kommen, nur die Volks- und Mittelschulen machten heute Ferien.
[Fortsetzung Blatt 41 folgendes Kapitel]
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