Der Thie
Der ‚Thie‘oder ‚Thieplatz‘ (die Straße ‚Am Thie‘) markiert den Ortskern der Gemeinde Glandorf und stellt einen etliche Male in den Schriften Beckmanns erwähnten Ort dar, an dem sich viele zentrale Ereignisse der Gemeinde abspielten. Er grenzt im Osten unmittelbar an die Kirche St. Johannis der Täufer und ist damit kaum 40 Meter vom Scheuneneingang des Hauses Wibbelsmann entfernt, Beckmanns Wohnhaus seit seiner Heirat mit Maria Wibbelsmann 1934, der ältesten Tochter August Wibbelsmanns.
Diese räumlichen Gegebenheiten boten dem eifrigen Tagebuchschreiber beste Voraussetzungen, das politische und kulturelle Geschehen im Ort, das sich ganz wesentlich um den Thieplatz und die Kirche herum abspielte, zu beobachten, mitzugestalten und aus seiner Sicht zu dokumentieren.
Der Thieplatz wurde Ende 1932 zur Bühne des ersten öffentlichen Auftritts der NSDAP in der stark katholisch geprägten Gemeinde: Am Sonntag, den 31.12.1932, sprachen dort NSDAP-Politiker Gustav Lemke – später unter anderem Präsident der Handwerkskammer Osnabrück und Landrat für den Landkreis Osnabrück – sowie der Leiter der NSDAP-Ortsgruppe der benachbarten Gemeinde Hilter "vor einer kleinen Zuhörerschaft". Diese Versammlung beschreibt Beckmann als erstes öffentlich sichtbares Moment des späten Eingangs der "Ideen des Führers" in die Gemeinde und beginnt damit sein später als NSDAP-Ortsgruppenchronik maschinell abgeschriebenes Tagebuch.1
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NSDAP-Ortsgruppen-Chronik Teil 1 – 1933 bis 28. Juni 1943 (mschr.) (Q3.1), Blatt 1, Retrospektive Beschreibung der Geschichte der Glandorfer NSdAP-Ortsgruppe von Ende 1932 bis 1938.↩
Zur Zeit des "Dritten Reichs" befand sich an der vom Bild aus gesehen rechten Seite des Thieplatzes, an dem heute eine Straße einmündet (im Bild ganz rechts angedeutet), die von Beckmann oft erwähnte Gastwirtschaft Alfred Herbermann, die nach dem Krieg abgerissen wurde.
Am östlichen Ende befindet sich unter der Straße "am Thie", vor dem Haus mit dem weißen Giebel, eine Zisterne, die lange Zeit die Glandorfer mit Wasser versorgte. Ein Schaden an der elektrischen Pumpe löste im November 1940, wie Beckmann in seinem Eintrag zum 13. dieses Monats berichtet, im Dorf Wasserversorgungsprobleme aus.2 Heute kann sie dank eines in den Boden eingelassenen Treppengangs durch eine Glasscheibe betrachtet werden.
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NSDAP-Ortsgruppen-Chronik Teil 1 – 1933 bis 28. Juni 1943 (mschr.) (Q3.1), Blatt 104, 13. November 1940.↩