NS-Tagebuch Teil 1 – Juni 1933 – Mai 1939 (handschriftlich) (Q2.1)

Bei dieser Quelle, der der Titel "NS-Tagebuch Teil 1 – Juni 1933 bis Mai 1939 (Q2.1)" zugeordnet wurde, handelt es sich um ein nur zwölf Blätter umfassendes Heft, das der Chronologie nach das älteste handschriftlichen Selbstzeugnis Beckmanns aus der Zeit des Nationalsozialismus. Es ist in Tagebuchform verfasst und umfasst den Zeitraum von Juni 1933 bis Mai 1939.

Diese Quelle beginnt genauso wie die maschinenschriftliche Quelle "NSDAP-Ortsgruppen-Chronik Teil 1 – 1933 bis 28. Juni 1943 (mschr.) (Q3.1)" im Jahr 1933, allerdings im ersten Eintrag erst am 20. Juni, während Q3.1 mit einer kurzen retrospektiven Beschreibung der Formierung der NSDAP-Ortsgruppe seit dem 31. Dezember 1932 beginnt. Da sich die Inhalte nicht decken, scheint dieses Dokument nicht als Vorlage für Q3.1 gedient zu haben. Von daher liegt nahe, dass es ein weiteres, nicht erhaltenes Tagebuch für diesen Zeitraum gegeben haben muss.

Die Einträge in diesem Tagebuch wurden sehr unregelmäßig vorgenommen und liegen oft mehrere Wochen auseinander.

An einigen Stellen haben die Einträge keine Datierungen und sind offenbar retrospektiv verfasst, siehe beispielsweise die Einträge zum 13. bis 16. Dezember auf Blatt 4, die nach der letzten Datierung eines Eintrags zum Eintrag des 12. Dezember gehören müssten.

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[Blatt 1]

Glandorf, 20. Juni 1933

Habe in den letzten Wochen viel Arbeit gehabt. Leitung der Schule. Viel Schriftverkehr. Am 12. Juni bekam ich meine Ernennung zum Hauptlehrer, rückwirkend vom 1. Juni an. Ich will nun die Schulwohnung beziehen, doch muß dieselbe erst ordentlich nachgesehen werden. Tante Maria in Gescher ist schwerkrank. Herz. Waren vor sechs Wochen mit den Rothenfeldern (Tante Nette, Onkel Hans, Walter – Auto) hin. Am Sonntag vor acht Tagen war ich wieder mit der Bahn hin. Erbschaftsregelung mit Theo (Theo hatte mich gebeten als unparteiischen Schiedsmann). August Riese holte mich abends im Regenwetter mit dem Motorrad von Kattenvenne. 

28. Juni 1933 

Heute ist Versailles1, in der letzten Stunde habe ich vor versammelten Kindern Gedenkstunde. Fahnen wehen auf Halbmast. 

14. Juli 1933

Am Mittwoch, den [größere Auslassung]2 ist Tante Maria gestorben, ruhig, friedlich. Zur Beerdigung fuhren die Rothenfelder und Onkel Theo mit einem Sechs-Sitzer. Wir fuhren mit (Änne und ich). Wir fuhren am Freitag und kamen Sonnabendabend wieder. Von Gescher machten Anne und ich noch einen Abstecher nach Legden ([zu] einer Freundin). In der Schule ist Hochbetrieb, alles wird in der Wohnung auf den Kopf gestellt. Pumpe, Kellereingang, Türen, Schornstein, alles verlegt und entfernt. Jetzt wird die Wohnung auch wohnlicher. In den Ferien (beginnen morgen am 25. Juli bis 9. August) wird auch die Knabenoberklasse gemacht. Am Montag sollen Augustin und Josepha vier Wochen nach Rothenfelde (Elisabeth Hospital3). Das Wetter ist in letzter Zeit unfreundlich (Regen).

26. September 1933 

Ein Vierteljahr später. Viel in dieser Zeit geschehen. Meine neue Wohnung ist fertiggestellt. Alle Zimmer sind gemacht. Eine tadellose Wohnung. Da ich in den Herbstferien heiraten wollte, feierten wir am 29. August unsere Verlobung. Einfach, schön, unter uns. Nachmittags kamen noch die Rothenfelder. Tante Nette, Onkel Hans. Habe mich recht gefreut. Am Montag, den 18. September, begannen wir mit dem Umzug. Alle Zimmer reinemachen. Am 19. September, Dienstag, gibt es Ferien. Die Schuljungen helfen beim Umzug. Nachmittags hilft Piepmeyer, Opa, Heini, der Tischler Schweigmann. Abends

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  1. Gemeint ist der 14. Jahrestag des Friedensvertrags von Versailles.

  2. Vermutlich wollte Beckmann das Datum nachtragen und vergaß dies.

  3. Gemeint ist das 1873 erbaute Kinder­erholungsheim "Elisabeth-Heim" in Bad Rothenfelde, das vom Elisabeth Hospitalverein zu Osnabrück finanziert wurde. Dieses wurde 1984 durch den CARITAS-Verband für die Diözese Osnabrück e.V. übernommen und zur Seniorenerholung umgewandelt.

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[Blatt 2] 

haben wir so ziemlich alles da, mit Ausnahme Keller und Boden. Der letzte Wagen wurde bekränzt. Heini schob den Kinderwagen, oben auf die Wiege. Mit Gesang Einzug. Abends saßen wir alle in der Bude Sicking mit Braut, Engelhardt, Toni Terback, Mante Piepmeyer usw. Gesungen, getrunken, geraucht. An den folgenden Tagen wurde eingeräumt. Am Freitag fuhr ich mit Anne nach Osnabrück, kauften noch ein: Schreibtischlampe, Teppiche und Läufer. – Am Sonntag vorher nach Piepmeier Upmann hin zum Nachbar werden.

Jetzt kam der Dienstag, 26. September; alles ruhig. Polterabend. Joseph kam mit Joseph Böhmann und Liesbeth Bergmann zum Standesamt. Torbeck war noch nicht dort (Flasche Kognak auf dem Tisch). Abends in der neuen Wohnung. Geschossen wurde bei Hanewinkel und Piepmeier. Gegen 2130 Uhr kam der Sudendorfer Gesangverein und brachte Ständchen. Früh zu Bett. 

27. September 1933 

Am Mittwoch, 27. April 1933, Hochzeitstag. 7 Uhr Kirche, wie sonst. Opa holt uns aus den Bänken, Umgang, opfern, Kniebank, Trauung, Ansprache, Pastor Köster, in die Bänke, Körling spielt, meine Mädchen singen, viel Volk, Engelhardt dirigiert. Theo Schulke Jun. war morgens gekommen, denn seine Frau kam wieder (morgens beim Frühstück kam die Bande (Kl. Jungen)). Soll auch mit Berufart [?] heißen. Nach der Trauung gemütliches Frühstück im Hause. Viele Glückwünsche. Wetter wunderschön. Nach dem Frühstück nach meiner Wohnung. Alles schön geschmückt. Aufnahmen gemacht. Nachbarn begrüßen mit Glas Wein. Um 13 Uhr beginnt das vorzügliche Essen. Sind nur 12–14 Personen. Kaplan und Pastor. Sonst nur Familie. Kaffee von 17 bis 1830 Uhr. Um 19 Uhr fahren Anne und ich mit Vesper (Auto) nach Münster. Wetter wunderschön. Übernachten im Westfälischen Hof. Eckzimmer, 7 Fenster. Am anderen Morgen mit Eilzug 9 Uhr nach Köln, mittags dort gegessen. Dann mit der Rheinuferbahn nach Bonn. Von dort mit kleinem Motorboot nach Königswinter. Sofort Anschluß mit dem Rheindampfer Bismarck nach Linz. Übernachtet, müde. Am andern Morgen bei Nebel Abfahrt mit Rheindampfer bis Koblenz. Wir kommen im Ernstfall [?] [im] Berliner Hof unter. Nach dem Essen später zum deutschen Eck, lassen uns übersetzen, dann mit der Bahn nach Arenberg, Roter Hahn. Alles besichtigt. Viele Aufnahmen. Abends zum Hauptbahnhof gefahren und später noch zum Rhein. Am anderen Tage geht die schöne Fahrt ins Moseltal. Wir wollten

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[Blatt 3] 

Cochem bleiben. In der alten Torschenke gewohnt. Nachmittags (Sonnabend) ganz durch den Ort, zur Burg. Viele Aufnahmen. Abends nur Fackelzug, Vorabend zum Tag der deutschen Ernte – Erntedankfest. Am anderen Morgen Festhochamt. Nachmittags historischer Umzug. Alles Winzerwagen. Abends wurde überall gefeiert und bis spät in die Nacht getrunken. Nachmittags sind wir beide dann mit einem Auto durch die Eifel, Bad Bertrich, Alf. zurück gefahren. 120 km, 20 RM, wunderschöne Gegend. Guter Wein. Am Montagmorgen ging die Fahrt zurück. Um 9 Uhr bis Koblenz. Anschluß mit D-Zug bis Köln. [Im] Speisewagen gesessen. Nach einer Stunde weiter nach Dortmund. D-Zug, Speisewagen. Hier im "Westfälischen Hof" übernachtet. Abends waren wir noch zur Stadtschenke. Dienstagmorgen ging die Fahrt über Bielefeld nach Rothenfelde. Mittwoch gegen 14 Uhr kamen die Kinder mit Auto von Glandorf, gegen 17 Uhr ging es zurück. Großer Empfang. Wir hatten auf unserer Fahrt immer schönes Wetter angetroffen. Nun begann in der neuen Wohnung ein neues Leben. Anna konnte sich noch nicht so gut gewöhnen. Die Zeit der Besucherei und des Empfangens ging an. Daneben lief die politische Zeit der Versammlungen, Reichstagswahl, Volksabstimmung, Deutscher Abend mit den Frauen, mit der Hitlerjugend, Kriegerverein, Lehrerverein, Fahrten nach Oldenburg zum Reichsstatthalter Röver. Fahrt nach Melle, Onkel Theo 70. Geburtstag (Sonnabend 4. November). Ein großer Handwerkerzug (24 Wagen, 15 Kutschwagen) verlangten auch von mir Arbeit. Die Rothenfelder, Tante Nette, Riemeyer, Grete machten Besuch. Das Wetter war schlecht nach gutem Herbst. Im Garten erntete ich gut 3 Ztr. Äpfel. 

Dienstag, 27. November 1933

Die Kinder sind soweit guter Dinge, Josepha leidet augenblicklich an einem Ausschlag. Gestern war Wippern hier und hat verschrieben. Gestern hat Opa geschlachtet. Heute wollen wir (Opa, Änne und ich) nach Oesede. Bergmanns haben silberne Hochzeit. Am 25. November fiel der erste Schnee, blieb aber nicht liegen. Das Wetter ist naßkalt. Opa hat vor acht Wochen ein Pferd gekauft. Von Börger Gülker, das Tier ist bei Potthoff in Oesede auf der Weide (zur Auffütterung). Der Pferdestall ist schon fertig. Toni Terback wird wohl bis Weihnachten bei Opa bleiben. 

4. Dezember 1933

Kalt, gestern Oststurm -7 °C, heute -12 °C. Gestern wurde Mia krank, ich schickte sie zum Arzt Dr. Wippern. Nachmittags 18 Uhr operiert. 

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[Blatt 4] 

Alles gut verlaufen. Ich war gestern (Sonntagabend) nach Engelhardt. Franz [hatte] Namenstag4. In der Kirche ist an der großen Glocke der Klöppel entzweigesprungen. In der letzten Schulvorstandssitzung haben wir mit allen gegen eine Stimme (Dingwerth, persönlich aber dafür) die Abtrennung Schierlohs vom Samtschulverband Glandorf genehmigt.

12. Dezember 1933

Es ist Winter, seit dem 3. Dezember ist es kalt. Hoher Barometerstand, später Ostwind. 3.12. = 7 °C – 0ststurm; 4. Dezember = 12 °C dasselbe. Unsere Mia Funke klagt nach der Sonntagsfrühmesse über Schmerzen im Leibe, ich schick sie nach Wippern, Blinddarmreizung, 1630 Uhr ins Krankenhaus gebracht, alles gut verlaufen. Am 5. Dezember: 10 °C, der Wind legt sich. 6. Dezember: -12 °C. Barometer fällt ganz langsam. Abnehmender Wind. Trotzdem weiter kalt. Der Wind schlägt um. Einen Tag. Weiter kalt, neue Kaltperiode, etwas Eisregen, Schnee, Glatteis. Wieder steigen die Temperaturen auf 10–12 °C. Das Wasser der Merschmühle hält längst. 12. Dezember. Wind herum, Nebel, um 0 °C – Am 5. Dezember kam Nicolaus [sic] in [die] 1. Unterklasse ([die] zwei untersten Jahrgänge und der halbe 3. Jahrgang) Viele Sachen. Viel geschenkt, mir jeder zwei Mk5. Nikolaus = Riese. Am Sonntag, 3. Dezember. war ich nach Franz Engelhardt, Namenstag. Sonntag, den 10. [?]6 Dezember, kam Nikolaus abends im Gesellenverein.

Kälte: 7. Dezember = -6 °C, 8. = -6 °C, 9. = -10 °C, 10. = -3 °C, 11. = -4 °C, 12 = -2 °C, 13. = -5 °C, 14. = -18 °C, 15. = -8 °C, 16. = -4 °C, 17. = -11 °C, 18. = -5 °C. 

Vermutlich Eintrag ca. zwischen 17. und 20. Dezember 1933

Am 13. Dezember abends starker Sturm. Um 20 Uhr abends hatten wir -12 °C Kälte, um 22 Uhr -7 °C, mittags in der Sonne waren es -7 °C. Am 14. Dezember morgens früh -18 °C, um 8 Uhr = -15 °C, mittags -15 °C, die Kälte hält weiter an. Wind O-NO [sic ?]7, der Schnee ist liegengeblieben. Alles ist vereist. Die Fenster werden nicht tau [KLÄREN FN]. Noch immer ist Glatteis. Die Nächte sind sternenklar. Gestern hatten wir Neumond. Barometer steht immer hoch. Am Sonnabend waren wir (16. Dezember) mit der Partei NSDAP nach Georgsmarienhütte, zur Einweihung des Adolf Hitler Hauses. Zwei von unseren Fahnen wurden vom Reichsstatthalter Röver8, Oldenburg, geweiht. Mia Funke ist soweit wieder hergestellt und wird wohl heute entlassen aus dem Krankenhaus.

21. Dezember 1933

Das Wetter ist seit vorgestern umgeschlagen. Temperatur um 0 °C, es taut, Nebel. Am 19. Dezember, Dienstag, ein tolles Glatteis, viele Autos verunglückt. Heute gibt es Ferien. Morgen fährt Toni wieder nach Legden. Gestern waren Anne, Toni und ich mit Weßlers Auto nach Osnabrück. Christkindchen einkaufen. Eis war von den Straßen ziemlich fort. Mia Funke ist noch bei den Eltern. Paula Funke hilft bei uns aus. Die Kinder leben in Weihnachtsstimmung. Auti hat gestern Nachmittag einen

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  1. Der Namenstag für Franz ist u. a. am 3. Dezember.

  2. "Mk" war die Abkürzung für die bis 1923 in Deutschland geltende Währung "Mark" (oft auch "Goldmark" genannt). Beckmann meint hier jedoch wahrscheinlich Reichsmark. Die Bedeutung der Formulierung "mir jeder zwei Mk" lässt sich nicht eindeutig bestimmen. Womöglich bekamen die Schüler:innen "[von] mir", also von Beckmann, jeweils 2 Reichsmark.

  3. Die Angabe des Tages lässt sich im Original auch als "20." lesen, was jedoch der Chronologie des Eintrages widerspräche.

  4. Aufgrund von Verschmierungen ist nicht eindeutig zu erkennen, ob Beckmann "O-NO" oder "O-SO" geschrieben hat. Es ist anzunehmen, dass Beckmann entweder die Windrichtung Ostnordost (allg. Abkürzung: ONO) oder Ostsüdost (Allg. Abkürzung: OSO) gemeint hat. Die Windrichtung bezeichnet die Richtung, aus der der Wind kommt.

  5. Gemeint ist der am 12. Februar 1889 in Lemwerder nahe Bremen geborene Carl Georg Röver, der bis zu seinem Tod am 15. Mai 1942 in Personalunion Gauleiter des Gaus Weser-Ems und Reichsstatthalter für Oldenburg und Bremen war.

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[Blatt 5] 

Backenzahn gezogen. Er hatte ihn in viel Zeitungspapier gewickelt, unter seinem Polter9 auf der Brust geborgen um ihn mir abends, als wir von Osnabrück wiederkamen, zu schenken.

Eintrag zwischen Weihnachten und Silvester

Das Weihnachtsfest verlebten wir im kleinen Kreise. Opa war bei uns. Der Gesellenverein veranstaltete eine Weihnachtsfeier, ebenso der Kriegerverein. Ich habe Auszüge aus den U-Bootfahrten eines Glandorfer Kriegsteilnehmers (Phillipskötter) (K 153, Mittelmeer) vorgelesen.

Eintrag vermutlich Mitte/Ende Januar

Anfang Januar kam Mia Funke wieder. In der neugegründeten Roten Kreuz Kolonne Glandorf10 bin ich nun Volkmannführer und Vorsitzender geworden. Dr. Wippern ist Kolonnenarzt. Starke 48 Mann. Jede Woche einmal Übung. Von Donnerstag, 21. Dezember, bis zum 4. Januar dauerten die Ferien. Am 1. Januar und 12. Januar (Görings Geburtstag geflaggt)11. 18. Januar war Schulfeier.

Eintrag irgendwann im Februar

Im Gesellenverein führten wir Anfang Februar das Stück Andreas Hofer auf. Die Kulissen habe ich gemalt. Änne ließ ihre Zähne blombieren. Ich habe mir rechts hinten vier Wurzeln und den letzten Zahn bei Saltenbrock fortnehmen lassen. Mia lernte [sic]12 ich Autofahren bei Recker. Ging gut. Augustin und Josepha lernten Radfahren. 

27. Februar 1934 

Am 27. Februar 1934 machte Augustin seine erste Fahrt mit einem kleinen Rad mit Opa und mir zur Heide. Ging gut. Sehr stolz. Am Sonntag, 25. Februar, wurden wir von der Partei in Oldenburg vereidigt. Jetzt bin ich auch noch Kultur- und Filmwart geworden. Der Schulbau ist noch nicht weiter. In den Osterferien holte ich dann meinen Wagen von Rüsselsheim. Stapel bei Recker [?] war mein Begleitmann. Schöne Fahrt. Wagen 2200 RM. Dann wurde Garage gebaut. Hinter der Schule. Am 17. April. machte ich meine Autoprüfung. Dann ging das Reisen los. Sehr schön. Unser Garten ist in Ordnung. Joseph Böhmann hat die Anlage geschaffen. Habe in letzter Zeit recht viel Geld ausgegeben. Von Erpenbeck ließ ich den ovalen, eichenen Ausziehtisch und den Notenständer bauen. Das Wetter ist herrlich! Anfang April Warmtage von 26–27 °C – im Schatten. Alles in vollster Blüte, sogar die Apfelbäume sind aus den Knospen13 . – 

4. Mai 1934

Wir erleben in diesem Jahr einen Frühling wie wohl seit 100 Jahren nicht. Die Kirschen sind schon erbsendick. Die Birnenblüte und Pfirsichblüte ist lang beendet. Die Apfelblüte ist ist in vollem Gange. Alles ist weiß. Die Bäume sind schwer von Blüten. Bäume, die nie blühen, sind überweiß. Das Wetter ist herrlich. In den letzten drei Tagen abends leichte Gewitterausläufer. Nachts 15–18 °C Wärme. Der Roggen steht stellenweise schon in Ähren. Ungeziefer

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  1. "Polter" ist eine plattdeutsche Bezeichnung für einen Schlafanzug, vgl.: NDR: Plattdeutsches Wörterbuch, Suchbegriff "Polter", URL: https://www.ndr.de/kultur/norddeutsche_sprache/plattdeutsch/woerterbuch101.jsp?suchbegriff=polter, abgerufen am 23.10.2023.

  2. Bestimmte Unterorganisationen des Roten Kreuzes werden "Kolonnen" genannt.

  3. Hier scheint Beckmann entweder vergessen zu haben, das Ereignis zu benennen, oder es fand, wie in der Klammer erwähnt, an beiden Tagen eine Beflaggung statt.

  4. Bei der von Beckmann verwendeten Formulierung "jemandem etwas lernen" handelt es sich um einen regional verbreiteten umgangssprachlichen bzw. mundartlichen Ausdruck für "jemanden etwas lehren".

  5. Beckmann meint damit, dass die Blüten aus den Knospen ausgeschossen sind.

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[Blatt 6] 

ist scheinbar nicht so stark. Der erste Mai wurde feierlich begangen. Morgens Schulfeier bei Herbermann. Nachmittags Festzug. Auf dem Marktplatz stand die große Maitanne. Abends Theaterspiel einer Berliner Truppe. „Heimat und Scholle‟. Gut. – Haben in letzter Zeit allerlei Fahrten mit unserm Auto gemacht. Macht viel Freude. 

1. Juni 1934 

Der Mai war am Anfang schön. Dann kalt, stellenweise Nachtfröste, in den Gärten geht es gut. Die Obstbäume haben gut angesetzt. Es fehlt Regen. Die Natur ist in der zweiten Hälfte des Mai nicht weitergekommen. – Pfingstdienstag war ich mit Änne und den Kindern nach Gescher, am anderen Tage nach Legden. Wir kamen am Donnerstag wieder. Am Fronleichnamstag waren wir nach Münster zum Flugtag. 50 Flieger, Udet14. Sind schon viel ausgewesen. Unser Auto läuft gut. Anna Potthoff ist zurzeit in Oesede. Die Mutter schwerkrank. Änne ist tagsüber beim Opa. Der Schulneubau [KLÄREN Link, wann wurde was neu gebaut?] ist nunmehr so weit, daß wir anfangen können. Die Arbeiten werden nun vergeben. –

5. Juli 1934 

Am Montag, 3. Juli, beim Schulbau begonnen, Mauer umgestoßen, ausgeschachtet. Mauervorarbeiten Brinkmann, Laudiek – Baumeister = Zimmermeister Niemann aus Iburg. Klempner Brandes legt den Brunnen an (Motorpumpe). Das Rammrohr geht 12 m tief in die Erde. In 1,5 m Tiefe liegt dort eine etwa 5m tiefe feste Lehmschicht. Am Freitag, den 7. Juli, machen wir Ferien, dauern bis zum Dienstag, 31. Juli – Die Mädchenklasse wird Ferienbeginn sofort umgebaut. Der ganze Giebel an der Ostwand kommt herunter, die Fenster der Nordseite werden vermauert, die Ostseite bekommt die neuen Fenster. – Das Wohnzimmer von Fräulein Windbracke erhält zurzeit einen neuen Fußboden. Gestern, am 4. Juli, hat Piepmeyer den alten Stall neben seinem Hause abgerissen. Es ist auf unserer Ecke großer Baubetrieb. Am 8. und 9. ist [in] Osnabrück Telgter Prozession15. Ich werde mit 30–35 Mann meiner Klasse dieselbe mitmachen. Vorgestern ist Anne Potthoff wiedergekommen. Die Mutter ist noch krank. Magenkrebs. Änne war solange beim Opa. Fünfeinhalb Wochen. Nun haben wir wieder normalen Betrieb. In letzter Zeit haben wir nach langer Trockenheit Regen bekommen. Waren mit unserem Auto oft aus. Augustin und Josepha gingen mit mir zum Baden nach Laer und Rothenfelde. Viel Freude. 

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  1. Ernst Udet, der offenbar am Flugtag in Münster beteiligt war, war während des Ersten Weltkrieges ein erfolgreicher Jagdflieger für das Deutsche Heer. Nach dem Krieg war er bei Schau- und Kunstflügen aktiv.

  2. Beckmann meint die "Telgter Wallfahrt". Diese bezeichnet drei historische Pilgerreisen, die nach Telgte führen, einem der bedeutendsten Wallfahrtsorte im Bistum Münster, deren Ursprung in das Jahr 1651 zurückreicht. Diese Wallfahrten beginnen in Münster, Osnabrück, Rheine und Warendorf. Die Pilgerreise von Osnabrück aus wird als "Osnabrücker Wallfahrt" bezeichnet und ist eine der größten Pilgerreise im deutschsprachigen Raum.

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[Blatt 7] 

2. August 1934 

Hindenburg liegt im Sterben. Ferien hatten wir vom 6. bis 31. Juli. Sind mit dem Auto nur oft in die Umgebung gewesen. Acht Tage war Paula Klein bei uns. Dann 14 Tage zwei Kinder von Tine Gescher. Das arme Kind ist krank. Lunge. Josephine Schwertmann, Neuenkirchen, kam nach, mußte aber sofort zurück, da zwei Jungens von ihr vom Boden gefallen [sind]. Joseph doppelter Schädelbruch, Johannes Schädelbruch. Kommen nun doch beide noch durch. Der Schulbau schreitet rüstig weiter. Die Mädchenklasse ist am Rohbau fertig. Die beiden anderen Klassen werden Ende der Woche Haushebung haben. Die Jungenoberklasse ist nun für vier Wochen bei Kellinghausen. Das Wetter ist in letzter Zeit nicht so günstig. Viel Regen macht großen Schaden in der Ernte. Sonst war der Sommer zu trocken. Doch nicht so schlimm wie im Osten des Reiches. Da ist alles vertrocknet. Vor acht Tagen hatten wir abends von 22 bis 24 Uhr ein schweres Gewitter. 

17. Oktober 1934 

Schulen sind nach den Herbstferien bezogen. Die Abortanlagen sind noch im Bau. Bekommen jetzt Badestube. Viel Arbeit (siehe Schulchronik [KLÄREN Fn]). Augustin hatte acht Tage vor den Ferien, Josepha zwei Wochen später die Masern. Waren in den Ferien mit Kaplan nach Legden, Gescher, Südlohn, Gerleve. Zwei Tage vorher mit Änne und den Kindern nach Neuenkirchen. Opa war nicht so gut. Hoher Blutdruck, Arzt, zur Ader gelassen, jetzt geht es wieder. Schmidt August hat seine achtjährige Mia verloren durch Diphtherie. Das Wetter in letzter Zeit kalt, unfreundlich. Ernte gut ausgefallen. Kartoffeln infolge der Trockenheit oft klein. Mit der Partei viel Arbeit. Bin ein Zellenwart, Kulturwart, Filmwart. Schriftführer im Nationalsozialistischen Lehrerbund. Nehme an Rednerklausur der Partei teil, dazu Hitlerjugend – Jungvolk – Kolonnenführer der Sanitätskolonnen. Im Vorstand der Feuerwehr usw. – Man hat schon seine Arbeit, trotzdem man so langsam eins nach dem anderen abwimmelt. Zum Beispiel Gesellenverein, Gesangsverein, Kegeln usw.

Rückblickender Eintrag ohne Datierung (ca. 25 bis 28. November 1933)

Vom Donnerstagnachmittag, 15. November bis 25. November 1934 in Glandorf große Volksmission. Pater: Hippert, Knaup, ten Winkel, Schupp. – Beteiligung vorbildlich. Predigten: Immer zwei dieselben – 615-730 Uhr = 1. Predigt, 730 Uhr Schulmesse (gemeinschaftliches Kommen der Kinder), 830 Uhr Messe, 9–10 Uhr = 2. Predigt. – 1515 Uhr Rosenkranz. 16–17 Uhr = 3. [Predigt], 1915 Uhr Rosenkranz, 1930-2030 Uhr = 4. Predigt. 

Tina Gescher im Elisabeth Marienhospital geht es allmählich besser.

29. November 1934 

Schulbaueinweihung (siehe Schulchronik [KLÄREN Fn]).

12. Dezember 1934

Bis jetzt Wetter naß-warm. Noch kein Winterwetter.

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[Blatt 8] 

Kein Nachtfrost. – Ungewöhnlich warm. – Viele Krankheiten. Diphtherie überall. Schulen vom 5. Dezember bis 17. Dezember geschlossen. Vier Todesfälle an Diphtherie. Marie Riese, acht Jahre, Heini Glösker, sieben Jahre, Sudendorf, Jos. Hülsmann, 22 Jahre, Sudendorf. – Josepha Wacker zwölf Jahre. Viele Erkrankungen. – Augustin war auch mehrere Tage krank (Ziegenpeter) – Änne  ist in Erwartung16. Hoffentlich geht alles gut. Augenblicklich werden die Babbisachen17 in stiller Freude fertig gestellt. Habe augenblicklich viel Arbeit mit meinen Posten. Bin nun, seit einem Monat, der Leiter in unserem Lehrerverein. Ist ja recht schön, aber fordert viel Arbeit. Werde es schon machen. 

29. Dezember 1934

Das alte Jahr geht zu Ende. Immer noch ist das Wetter warm. Die Rosen haben schon 1 cm lange Knospen. Alles treibt in der Natur. Bis jetzt haben wir zweimal einen leichten Nachtfrost gehabt. Unsere Schulen waren noch wegen Diphtherie geschlossen. Am Montag, 17. Dezember 1934, kamen die Kinder wieder, es fehlten aber 68 Kinder. Zehn Kinder lagen davon im Krankenhaus an Diphtherie-positiv. Ich habe den Betrieb sofort wieder geschlossen. Am anderen Tage starb der kleine Knappheide – sechs Jahre – an Diphtherie. Auffällig stark tritt auch der Ziegenpeter (Mumps) auf. Am Donnerstag, 20. Dezember 1934, bis Freitag, den 4. Januar 1935 Weihnachtsferien. – In den Tagen vor Weihnachten sind wir mit den Kindern nach Osnabrück und Münster gewesen. Beide sind noch gläubig. Als Auti in Münster unter dem Bogen eine große elektrische Eisenbahn sah, blieb er im Volksgedränge stehen und schlug die Hände zusammen, dann rief er: „Liebes Christkindchen, ich will auch kein Fahrrad haben, bringe mir doch bitte eine elektrische Eisenbahn." Alle blieben stehen und lachten. So mußte dann Weihnachten ja auch die Bahn kommen, bei Opa bekam er einen Hitleranzug18. Josepha fand einen großen Viehhof mit über 200 gemalten und ausgesägten Tieren, bei Opa eine kleine Nähmaschine. Uns brachte das Christkind die Badewanne, drei Apostelfiguren vom Osnabrücker Dom, ein Armband für Änne und viele, viele nützliche Sachen. Weihnachten verlief schön und wie immer. Auf dem Friedhof kam für unsere Lieben auch ein kleiner Baum hin. Diese Sitte, von mir eingeführt, hat schon Nachahmer gefunden. Es standen in diesem Jahre schon zehn Weihnachtsbäume auf dem Friedhof. Nun stehen wir wieder am Ende eines arbeitsreichen Jahres. Was bringt das neue Jahr?

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  1. Beckmanns Ehefrau Anna ist zu diesem Zeitpunkt mit Bernhard schwanger, der Mitte Januar des Folgejahres auf die Welt kommt.

  2. Beckmann verwendet "Babbi" offenbar als umgangssprachlichen verniedlichenden Begriff für "Kleinkind" oder "Säugling".

  3. Gemeint ist womöglich ein Anzug, der stilistisch an die von Hitler häufig getragenen Anzüge erinnert.

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[Blatt 9] 

26. Januar 1935

Immer noch kein Winter. Die kleinen Marienblümchen blühten Weihnachten, sie blühen jetzt. Einige Tage war es um den 10. Januar kälter. Tagsüber 0 °C – nachts etwas Frost. – Sonst nichts. Schnee fiel etwas, blieb einen Tag liegen – sonst feuchtes, teils schönes Wetter.

Am. 13. Januar war die Saarabstimmung,19 – auch hier große Freude. Am Dienstag, den 15. Januar, kam morgens das Ergebnis heraus. – Schulfeier. – frei. Abends Fackelzug durch den Ort. Augustin machte auch mit. Um 22 Uhr kam ich wieder. Nachts um 130 Uhr sind Anne und ich aufgestanden. Machten uns fertig – gingen um 215 Uhr zur Hebamme und dann zum Krankenhaus. Um 430 Uhr rief ich Dr. Wippern. – Alles gut, um 530 Uhr war der kleine Bernhard da. – 

Sieben Pfd. – gesund-kräftig – artig – große Freude. Anne geht es gut. Nachmittags fuhr Opa nach Oesede mit dem Rad – schönes Wetter. Onkel Anton Bergmann [?] sollte den Jungen zur Taufe halten. Am 17. Januar nach dem Hochamt (Antonius, 2. Kirchenpatron) war die Taufe. Augustin, Josepha und ich waren dabei.

Bernadus, Augustinus-Antonius ist sein Name – Nach der Taufe fuhren wir zum Krankenhaus zurück (Erpenbecks Heini Auto). Großes Kaffeetrinken. Mutter und Kind sind guter Dinge.

Am Sonntag, den 20. Januar 1935 war Kirchenvorsteherersatzwahl (zehn). Ich gehörte zum Wahlvorstand nur den halben Tag bei Kellinghausen. Abends um 17 Uhr fing die Zählerei an. Viel Arbeit. Sechs sind sofort gewählt, [für] vier muß eine Ersatzwahl stattfinden.

19. Februar 1935

Alles [nimmt] soweit seinen rechten Lauf. Klein Bernhard schläft, trinkt und schreit. Entwickelt sich gut. Er schaut jetzt schon umher. Am 10. Februar 1935 abends 1730 Uhr bekam er den ersten Schnuller. Das Wetter ist herrlich. Schneeglöckchen blühen, Sterne sind seit drei Tagen zurück. Vor acht Tagen gabs noch einigen Frost und Schnee. Zwei Tage war es nachts bis -9°C. Dann herrschte im ganzen Reich ein fürchterlicher Sturm. Jetzt ist es wirklich Frühlingswetter. Morgen hat Kaplan Schade 25. Priesterjubiläum. Große Vorbereitungen. Er ist in augenblicklich in Gerleve. Heute Abend 1930 Uhr kommt er wieder.

Dann Fackelzug. Morgen große Feier. Ich habe es eilig. Die Gemeinde schenkt Kelch für 1000 RM. Wir hatten im Winter Ratten auf dem Boden. Hatten sich stark vermehrt, als wir es erst merkten. Opa hatte seinen Hafer dort gelagert. Dann habe ich den Biestern den Krieg erklärt. In vier Wochen bin ich nun vollständig damit fertig. 49 Tiere sind das Ergebnis. Gefangen wurde mit

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  1. Am 13. Januar 1935 wurde im Saarland ein Volksentscheid (Saarabstimmung) durchgeführt, bei dem 90,7 Prozent der Bevölkerung für die Wiedereingliederung des Saargebiets in das Deutsche Reich stimmten. Als Ergebnis dieses Votums wurde die volle Zugehörigkeit des Saarlands zum Deutschen Reich wiederhergestellt.

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[Blatt 10] 

drei Schlagfallen und einer Iltisfalle. Opa hatte in den letzten Tagen einen recht starken Hexenschuß. Ich habe am Sonntag den ganzen Orgeldienst übernommen. Arbeit ist immer recht viel. Gesellenverein spielt Theater. Plattdeutsch. Der Student von Münster20. Lehrerverein bringt Arbeit. In Rothenfelde im Schulungskursus habe ich Rat: "Der Weg zur Ruhr". Tine [unleserliches Zeichen] ist nun Sonnabend aus Osnabrück als gesund entlassen. Der Gesundheitszustand in den Schulen ist jetzt besser. 

1. März 1935

Heute vor 4 Jahren war Marias Begräbnistag. Was geht die Zeit. – Am 24. März wollen wir bei Herbermanns einen Elternabend, verbunden mit einer Schulentlassungsfeier, veranstalten. Die Vorbereitungen sind schon jetzt im Gange. In der Kirche wird augenblicklich stark gearbeitet. Die drei Eingangstüren bekommen Windfänge. Es ist zur Zeit recht kalt. -5 °C mit starkem Ostwind. Unser Kleiner macht sich gut. Anne ist die liebe Mutter, die ihn wohl ernährt. Augustin macht eifrig den Communionunterricht mit. 

20. April 1935

Das Osterfest ist bei gutem Wetter vorüber. Morgen geht die Schule wieder an. (5. bis 24. April Ferien). Augustin hat Communionunterricht. Sonntag ist der große Tag. Unser kleiner Bernhard macht sich gut. Wiegt jetzt 10 Pfd. – Gestern kam das neue Reliefbild, Laurentius. Der Frühling ist da. Kirschbäume, Pfirsichbäume blühen. Unsere Schwalben nisten wieder auf der Diele. Gestern brachten uns die Meller ihren Struppi. So sind wir mal schnell wieder auf den Hund gekommen. 

8. Juli 1939 

Fronleichnam – vier Jahre weiter. Die Arbeit mehrt sich. NSDAP – NSLB21 usw., Arbeit.

Im Sommer 1935 machte ich mit meinem Wagen (Schmidt – Thiemann – Engelhardt – Körling) zwei große Fahrten ins Sauerland. 16. Dezember 1935 wurde unsere Marianne geboren (Anne war im Krankenhaus). Tante Nette war hier. Weihnachten konnten wir zusammen feiern. Marianne hat der Mutter im ersten Jahr viel Arbeit gemacht. Wollte nicht essen, brechen. Für die Kleinen hatten wir eine große Burg gefertigt, zum Fest. Oktober 1935 wurde Onkel Theo auf dem Fahrrad vom Auto gefaßt. Sofort tot. Im Juli 1936 kam Onkel Hans mit der ganzen Familie (mit Besuch von Tine, sind Ausflug nach Bad Essen [)] unter [de]n Triebwagen. Auto in den Graben. Onkel Hans

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  1. Beckmann meint das plattdeutsche Theaterstück "Dä Student van Mönster: Lustspiel in 3 Aufzügen" vom ostwestfälischen plattdeutschen Dramatiker Eduard Schoneweg aus dem Jahr 1930.

  2. Nationalsozialistischer Lehrerbund.

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[Blatt 11] 

zwei Stunden später, innere Verblutung, Rippe durch Lunge gestoßen, auch tot.

– Im Juli 1936 wurde Theo Gescher zum Priester geweiht. Anne und ich nach Münster [zur] Primiz und [nach] Gescher. Im Jahre 1936 begann ich mit meinen Holzarbeiten.

Juli 1936 machte ich mit meinem Wagen (Engelhardt und Schmidt) große Fahrt nach Bayreuth, Nordbayern, Rhein zurück. Am 4. August 1936 ging Mia Funke fort – Toni Torbeck hat erst ausgeholfen. Weihnachten 1936 konnte Bernhard schon laufen. Augustin kann schwimmen. Josepha ein Jahr später. Onkel Franz in Oesede starb. Der Juni war schön, Juli bis August viel Regen. Winter 1936/1937 gelinde. Die Schule bekam einen Filmapparat. Josepha kam zur ersten heiligen Communion.

Im Herbst 1936 war ich zum Reichspartei[tag] in Nürnberg, im September 1937 zum Turnlehrgang für Schulleiter nach Neu-Strelitz (großes Manöver in Mecklenburg), Führer halbe Stunde von uns[erer] Wohnung, Fahrt nach Rügen, nach Berlin (Staatsbesuch Mussolini) – Ende November machte ich in Münster einen achttägigen Schwimmkursus mit (Lehrschein und Leistungsschein). Augustin fuhr Erntedanktag 1937 zum Bückeberg22. Mit Anne war ich zum Spiel auf dem Bookholzberg23, mit Theo und seiner Frau (Melle) [am] Niederrhein ([wir nahmen] meinen Wagen). Düsseldorf ("Schaffendes Volk" Ausstellung) – 21. August 1938 besucht mit dem NSLB24. Die Gartenbauausstellung in Essen.

Pfingsten 1938 war ich mit Augustin nach Bremen (Dampferfahrt nach Bremerhafen). Im Juli mit Augustin und Josepha nach Borkum (4 Tage dort). Meinen Wagen bis Emden. Meeresstau [?]. September zum zweiten Male zum Reichsparteitag.

Im Frühjahr 1938 starb Tine Böhmann – Gescher in Bad Rothenfelde. In der Partei viel Arbeit. Seit dem 1. Juni 1937 bin ich stellvertretender Ortsgruppenleiter, Ortsgruppenorganisationsleiter, Kreisabschnittswalter vom NSLB. Seit 1. Oktober 1934 – vom Roten Kreuz Kolonnenführer – ferner vom Nationalsozialistischen Kriegerbund: Propaganda – Film – Volksbibliothek – usw. Als Mädchen25 hatten wir dann bis 1. Mai 1938 Maria Wördemann und dann Gertrud Lunk.

Am 3. Februar 1938 kam unser kleiner Ansgar an. Tante Onkel [sic]

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  1. Gemeint ist das Reichserntedankfest, eine Massenveranstaltung der NSDAP, die in den Jahren 1933 bis 1937 auf dem Bückeberg bei Hagenohnsen südlich von Hameln stattfand.

  2. Auf dem Bookholzberg im Ortsteil Bookholzberg der Gemeinde Ganderkesee wurden regelmäßig Theaterstücke aufgeführt, nachdem dort 1934 ein nationalsozialistisches Theater gegründet wurde.

  3. Nationalsozialistischer Lehrerbund.

  4. Beckmann meint die sog. "Hausmädchen", "Dienstmädchen" bzw. Dienstbotinnen, die auf Mia Funke folgten.

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[Blatt 12] 

Matthias Bergmann – Osnabrück. – Der Kleine machte sich gut. Kann mit einem Jahr tüchtig laufen.

Augustin hat von Ostern 1937 bis Ostern 1938 beim Kaplan Vervoorst Lateinstunden, kam dann nach Iburg Rektoratsschule26 Quarta27 , jetzt Ostern 1939 nach Osnabrück in Konvikt und auf das Gymnasium Carolinum. Da er in Iburg als zweite Sprache Englisch hatte, ist [er] in Osnabrück mit Griechisch angefangen und besucht dort die Quarta nochmal.

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  1. Von etwa 1900 bis 1941 bestand in Bad Iburg eine private Rektoratsschule für Mädchen und Jungen.

  2. "Quarta" ist eine Bezeichnung für die dritte Jahrgangsstufe des Gymnasiums.

NS-Tagebuch Teil 1 – Juni 1933 bis Mai 1939 (Q2.1)